Schluss, aus, Ende: Keine Reform der Umsatzsteuer in der laufenden Legislaturperiode!

In der laufenden Legislaturperiode wird es keine Reform der Umsatzbesteuerung mehr geben. Das hat die Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage (BT-Drs. 20/10534) mitgeteilt (BT-Drs. 20/10856).

Hintergrund

Schon das Gesetzgebungsverfahren beim (Ersten) Corona-Steuerhilfegesetz, insbesondere mit der befristeten Senkung des Umsatzsteuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (vgl. Rondorf, NWB 2020, 1838), war zeitlich ziemlich ambitioniert. Der Rechtssetzungsprozess beim Zweiten Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) wurde aber nochmals beschleunigt: Von der Vorstellung des Konjunkturpakets durch die Regierungskoalition am 3.6.2020 bis zur Verkündung des Gesetzes im BGBI waren es gerade mal vier Wochen (s.a. Rondorf NWB 2020, 2068). 

Die Regierungskoalition von CDU/CSU und SPD hatte am 3.6.2020 beschlossen, zur Bekämpfung der Corona-Folgen und zur Stärkung der Binnennachfrage im Rahmen ihres Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets den allgemeinen Umsatzsteuersatz von 19 % auf 16 % und den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % auf 5 % – befristet auf das 2. Halbjahr 2020 – zu senken. Durch das Zweite Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise wurden die entsprechenden Regelungen in § 28 Abs. 1 bis 3 UStG  erlassen. Erstmals seit Einführung der Mehrwertsteuer in Deutschland im Jahr 1968 wurden damit – wenn auch nur befristet – die Umsatzsteuersätze gesenkt. Die sehr kurzfristig umzusetzenden Maßnahmen führten nicht nur zu einem erheblichen Aufwand für Unternehmer und ihre steuerlichen Berater. Sie warf zahlreiche materiell-rechtliche Fragen auf, die das BMF in einem sog. Einführungsschreiben v. 30.6.2020 (III C 2 – S 7030/20/10009 :004 BStBl 2020 I S. 584) beantwortete.

Eine dauerhafte Entfristung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen über den 31.12.2023 hinaus blieb bekanntlich – trotz wiederholter politischer Vorstöße, über die ich letztes Jahr im Blog berichtet habe – erfolglos.

Bundesregierung schließt weitere Reform in dieser Legislatur aus

Jetzt hat die Bundesregierung auf eine Anfrage der CDU/CSU-Opposition mitgeteilt, dass es eine Reform der Umsatzsteuersätze in dieser Legislatur nicht mehr geben werde (BT-Drs. 20/10856). Weiterlesen

Pflegepauschbetrag: Geringe Pflegeleistungen reichen für Gewährung nicht aus

Wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die einem Steuerpflichtigen durch die Pflege einer Person erwachsen, kann er einen Pflegepauschbetrag geltend machen. Dies ist in § 33b Abs. 6 EStG geregelt. Die Gerichte haben aber – nunmehr wiederholt – verlangt, dass die von der Pflegeperson erbrachte Pflegedauer mindestens zehn Prozent des gesamten pflegerischen Zeitaufwandes betragen muss.

In diesem Sinne haben zuletzt das FG Düsseldorf (Urteil vom 13.11.2017, 15 K 3228/16 E) und das Sächsische FG (Urteil vom 24.1.2024, 2 K 936/23) entschieden. Schon vor längerer Zeit hatte das FG München entsprechend geurteilt (Urteil vom 14.2.1995, 16 K 2261/94). Weiterlesen

Qualifizierungsgeld soll Arbeit sichern

Mit dem sog. Qualifizierungsgeld sollen seit dem 1.4.2024 Betriebe und Beschäftigte stärker im Hinblick auf Weiterbildung unterstützt werden. Worum geht es und was ist zu beachten?

Hintergrund

Klimaneutralität und digitale Transformation: Die deutsche Wirtschaft muss aktuell einen Strukturwandel bewältigen. In vielen Wirtschaftsbranchen verändern sich die Anforderungen an den Arbeitsplatz, einige fallen vollständig weg. Deshalb soll es mit einer speziellen Förderung Beschäftigten ermöglicht werden, sich so fortzubilden, dass sie ihren Arbeitsplatz erhalten können. Diese Förderung ist am 1.4.2024 in Kraft getreten und Teil des Aus- und Weiterbildungsgesetzes vom Juli 2023 (BGBl 2023 I Nr. 191). Die Förderung durch Qualifizierungsgeld bei besonderer Strukturwandelbetroffenheit besteht neben der Basisförderung für alle Arbeitgeber und Beschäftigten.

Was ist das Qualifizierungsgeld und wie wird es ausgezahlt?

Zielgruppe des Qualifizierungsgeldes sind Unternehmen und deren Beschäftigte, denen durch den Strukturwandel der Verlust von Arbeitsplätzen droht, bei denen Weiterbildung jedoch eine zukunftssichere Beschäftigung im gleichen Unternehmen ermöglichen kann. Die zu qualifizierenden Beschäftigten erhalten während der Weiterbildung das mit dem Aus- und Weiterbildungsgesetz im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (§§ 82 a bis c SGB III) verankerte Qualifizierungsgeld.

Das Qualifizierungsgeld ist Lohnersatz: Weiterlesen

Onlinezugangs-Änderungsgesetz (OZGÄndG): Bundeskabinett beschließt Anrufung des Vermittlungsausschusses

Der Bundesrat hatte die Zustimmung zum OZGÄndG verweigert: Am 10.4.2024 hat nun das Bundeskabinett die Anrufung des Vermittlungsausschusses beschlossen. Wie geht’s weiter?

Hintergrund

Mit dem OZG (v. 14.8.2017 – BGBl 2017 I S. 3122, 3138) sollten bis Ende 2022 alle Verwaltungsleistungen auch online angeboten werden. Dieses Ziel konnte aber nicht oder nicht vollständig erreicht werden: Wegen komplexer föderaler Strukturen, unterschiedlicher Digitalisierungsstände und einer heterogenen IT-Landschaft. Laut Dashboard zur OZG-Umsetzung waren bis August 2023 nur 127 der 575 vorgesehenen OZG-Leistungen bundesweit flächendeckend verfügbar (dashboard.ozg-umsetzung.de).

Deshalb hat die Bundesregierung am 24.5.2023 einen Gesetzentwurf vorgelegt, um notwendige Anpassungen am OZG vorzunehmen, das OZGÄndG, umgangssprachlich auch als OZG 2.0 bezeichnet. Der Bundestag hat das OZGÄndG am 24.2.2024 mit Regierungsmehrheit beschlossen.

Am 22.3.2024 hat der Bundesrat aber seine Zustimmung zum OZGÄndG verweigert. Der Grund vor allem: Der Bundesrat unterstützt zwar die Bemühungen des Bundes, den Fortschritt der Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland zu fördern. Der Bundesrat kritisiert, dass der Bund sich mit dem OZGÄndG aus der Finanzierung der Verwaltungsdigitalisierung nahezu vollständig zulasten der Länder und Kommunen zurückzieht (BR-Drs. 93/1/24 v. 11.3.2024). Der Bundesrat spricht sich vor diesem Hintergrund dagegen aus, dass der Bund den Ländern und Kommunen gesetzliche Vorgaben macht, ohne die daraus entstehenden Kostenfolgen hinreichend genau zu beziffern. Es besteht die Erwartung einer auskömmlichen finanziellen bundesseitigen Beteiligung. Damit stand das OZGÄndG kurz vor dem „Aus“. Weiterlesen

Aufreger des Monats April: Rückgängigmachung des IAB für PV-Anlage oder keine Lust auf Karlsruhe

Für bestimmte Photovoltaikanlagen gilt seit 2022 eine gesetzliche Ertragsteuerbefreiung (§ 3 Nr. 72 EStG). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob ein Investitionsabzugsbetrag (IAB), der bis Ende 2021 für die Anschaffung einer Photovoltaikanlage in 2022 ff. gebildet worden ist, rückgängig zu machen ist. Die Frage erhitzt die Gemüter und ist im Rahmen des NWB Experten-Blogs auch heftig diskutiert worden.

Das BMF hat sich jedenfalls – erwartungsgemäß – wie folgt positioniert (BMF-Schreiben vom 17.7.2023, BStBl 2023 I S. 1494):

Die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g EStG setzt eine betriebliche Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht und damit mit prognostiziertem Totalgewinn voraus. Werden in diesen Fällen Einnahmen und Entnahmen ausschließlich aus der Stromerzeugung von Photovoltaikanlagen erzielt, die nach § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG begünstigt sind, gilt Folgendes: Weiterlesen

Neuigkeiten vom Solidaritätszuschlag – Wann wird der Gesetzgeber tätig?

Der BFH hat aktuell abermals die Verfassungsmäßigkeit des „Soli“ bestätigt, jedoch schon letztes Jahr eine gesetzgeberische Überprüfung des Soli-Fortbestands ab VZ 2025 angemahnt. Wann wird der Gesetzgeber endlich handeln?

Hintergrund

Der ursprünglich befristete Soli von 1991 zur Finanzierung des Golf Krieges war bis Mitte 1992 befristet, wurde dann Mitte der 90er Jahre aber zur Finanzierung der Zusatzlasten aus der deutschen Wiedervereinigung eingeführt, unbefristet durch das Solidaritätszuschlagsgesetz (SolzG 1995, BGBl 1995 I S. 1959). Seit etlichen Jahren wird um die Abschaffung dieser Ergänzungsabgabe (Art. 106 GG) gerungen, auch vor den Finanzgerichten bis hin zum BVerfG. Mit Auslaufen des Solidarpaktes II Ende 2019 und der Reform des Soli ab VZ 2020, die seitdem die Erhebung auf rund 10 Prozent „Besserverdienende“ beschränkt, wird darum gestritten, ob diese Ungleichbehandlung der Steuerzahler noch verfassungsmäßig ist

BFH bestätigt Verfassungsmäßigkeit des „Soli“

Die Position des BFH war zum „Soli“ bislang eindeutig: Der BFH hält die Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlags für den Veranlagungszeitraum 2005, 2007, 2011 und zuletzt für die Veranlagungszeiträume bis 2021 für finanzverfassungsrechtlich gerechtfertigt, also verfassungskonform.

Im September 2023 (BFH v. 26.9.2023 – IX R 9/22) ist abermals der Versuch gescheitert, die Klärung der Verfassungsmäßigkeit des Soli ab 2020 ein weiteres Mal dem BVerfG zuzuführen. Zuletzt hat der BFH am 20.2.2024 (IX R 27/23) die Verfassungsmäßigkeit bestätigt: Die Erhebung des Solidaritätszuschlags für die Jahre 1999 bis 2002 war danach verfassungsgemäß. Der Zuschlag stellt in diesem Zeitraum eine finanzverfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe gemäß Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG dar. Eine Richtervorlage des FG Niedersachsen blieb im Juni 2023 vor dem BVerfG ohne Erfolg (BVerfG v. 7.6.2023 – 2 BvL 6/14).

Haushaltsentwurf 2025 steht an

Seit 30.1.2023 wissen wir: Der BFH (17.1.2023 – IX R 15/20) hält den Soli auch ab 2020 für verfassungsgemäß, er darf also auch weiterhin erhoben werden, der Fiskus verdient damit satte rund 11 Mrd. Euro zusätzlich an Steuern im Jahr. Weiterlesen

Endlich oder unendlich? Das ist hier die Frage! Gedanken zur Ausschüttungssperre im Kontext der Wegzugsteuerstundung nach § 6 AStG

Die Norm des § 6 AStG trägt den unscheinbaren Titel „Besteuerung des Vermögenszuwachses“ und wird immer dann relevant, wenn bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung von Anteilen im Sinne des § 17 Abs. 1 S. 1 EStG in Gefahr ist bzw. im Zuge eines Wegzugs beschränkt oder ausgeschlossen wird.

Der deutsche Fiskus partizipiert mit der Wegzugsteuer mit der ihm gebotenen letzten Möglichkeit, an den stillen Reserven, die in den Anteilen erwachsen und gebunden sind, zu partizipieren, bevor er in Zukunft darauf keinen Zugriff mehr hat (es sei denn, dass Besteuerungsrecht ist nicht mehr beschränkt bzw. wird wieder begründet). Insofern kann die Norm durchaus als Missbrauchsvermeidungsvorschrift bezeichnet werden. Sie unterliegt seitjeher einem stetigen Wandel mit Adjustierungen. Sei es durch den Steuergesetzgeber, der § 6 AStG – zum Teil extensiv – verschärft hat. Oder durch die Rechtsprechung, nach welcher beispielsweise der EuGH bzw. der BFH dem Gesetzgeber durchaus gewisse Grenzen der Verschärfungen aufzeigt (vgl. hierzu etwa das sog. Wächtler-Urteil, EuGH vom 26.02.2019 (C-581/17, EU:C:2019:138, Internationales Steuerrecht 2019, 260) und das BFH-Urteil I R 35/20 vom 6. September 2023).

Eine einschneidende Verschärfung fand durch das ATAD-Umsetzungsgesetz (ATADUmsG) und zuletzt durch das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2022/2523 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen vom 21. Dezember 2023 statt. Während mit dem ATADUmsG die dauerhafte zinslose Stundung für EU/EWR-Fälle (sog. „Ewigkeitsstundung“ für Altfälle) aufgehoben wurde (Übergang zum Ratenkonzept), führte letztere Anpassung dazu, dass die Anforderungen an die dauerhafte Wegzugsteuerstundung nach § 6 Abs. 4, 5 AStG („Ewigkeitsstundung“ der Altfälle; Fälle vor ATADUmsG) in der bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung angehoben bzw. verschärft wurden. Danach findet die sog. Ausschüttungssperre nunmehr auch für Altfälle Anwendung, und zwar mit der Maßgabe, dass rückwirkend alle Gewinnausschüttungen und Einlagenrückgewähre, die nach dem 16. August 2023 erfolgt sind, zu einem partiellen Widerruf der Wegzugsteuerstundung führen, soweit die 25%-Grenze überschritten wird.

Beispiel:

Die natürliche Person ist im Jahr 2020 ins EU-Ausland verzogen und hatte einen 100%-Anteil an einer deutschen Kapitalgesellschaft (§ 17 Abs. 1 S. 1 EStG-Anteile). Im Zuge des Wegzugs wurde eine dauerhafte und zinslose Wegzugsteuerstundung aufgrund des Wegzugs innerhalb der EU gewährt. Der Anteil soll zum Zeitpunkt des Wegzugs 1.000 und die latente Wegzugsteuer 450 betragen haben. (a) Im Jahr 2022 erfolgte eine Gewinnausschüttung von 100 und (b) im Jahr 2024 ebenfalls von 100 ((c) Abwandlung: 300).

Folge:

  • Die Gewinnausschüttung des Jahrs 2022 hat keine Auswirkungen auf die laufende Wegzugsteuerstundung, da sie noch vor dem 16. August 2023 erfolgte.
  • Demgegenüber fällt die Gewinnausschüttung des Jahres 2024 in den Anwendungsbereich der Neuregelung. Fraglich ist, ob es zu einem partiellen Widerruf der Wegzugsteuerstundung i.S.d. Ausschüttungssperre kommt. Hierzu ist folgende Rechnung notwendig: (100 ./. 25%*1.000) = -150. Es kommt zu keinem Widerruf.
  • Würde die Gewinnausschüttung in 2024 hingegen 300 betragen, käme es zu einem partiellen Widerruf der Wegzugsteuerstundung i.H.v. 5% ((300 ./. 25%*1.000) = 50 → 50 / 1.000 = 5%). Die natürliche Person hätte 22,5 (5% v. 450) zu leisten.

Die Ausdehnung auf die Altfälle stellt m.E. eine echte Rückwirkung und keine unechte dar, da diese u.a. auf eine bestehende Wegzugsteuerstundung zurückgreift, die ihren Ursprung vor der Neuregelung hatte. Durch das Abstellen auf die künftigen Gewinnausschüttungen wird durch die Hintertür die Wegzugsteuerstundung der Altfälle ausgehöhlt. Zudem ist nicht zu verkennen, dass bereits in dem festgestellten gemeinen Wert des Anteils im Zeitpunkt des Wegzugs alle stillen (gegebenen und künftigen) Reserven einbezogen wurden und somit kein Raum mehr für den Einbezug künftiger Gewinnausschüttungen oder Anteilssteigerungen verbleibt. Mit Blick auf die jüngst ergangene Rechtsprechung (s.o.) ist zudem fraglich, ob die Ausschüttungssperre nicht bereits dem Grunde nach zur Disposition stehen dürfte (Vergleich mit einem Inlandsfall und keine Anteilsveräußerung).

Fazit:

Steuerpflichtige sollten nach meiner Auffassung den Nachweispflichten im Zusammenhang mit der Wegzugsteuerstundung unverändert und den Gewinnausschüttungen neuerdings nachkommen, jedoch gegen die Anwendung der Ausschüttungssperre für die Altfälle den Weg des Rechtsbehelfes ernsthaft in Erwägung ziehen. Es darf mit Spannung erwartet werden, wann die erste finanzgerichtliche Entscheidung diesbezüglich aufkommen wird – § 6 AStG bleibt auch weiterhin spannend.

Sorgenkind Goodwill: Es soll einfacher und transparenter werden

Änderungsvorschläge des IASB zum Werthaltigkeitstest

In diesem Jahr feiert der Goodwill ein Jubiläum: Seit zwanzig Jahren wird er nach IFRS nicht mehr planmäßig abgeschrieben. Die Rückkehr zur planmäßigen Abschreibung wurde in den letzten Jahren kontrovers diskutiert, hat sich aber nicht durchgesetzt. Das Problem? In den IFRS-Bilanzen haben sich seither die Buchwerte der Firmenwerte drastisch erhöht. Dennoch wird es keine Rückkehr zur planmäßigen Abschreibung geben, wie das IASB in dem neuesten Exposure Draft zur Überarbeitung des Goodwills erneut bestätigte.

Das Ziel der vorgeschlagenen Änderungen? Sie sollen den Bedenken Rechnung tragen, dass Wertminderungen manchmal zu spät erkannt werden. Und wieso gibt es nun einen neuen Entwurf des IASB zum Thema Goodwill? Die vorgeschlagenen Änderungen von IAS 36 sollen den Werthaltigkeitstest der Firmenwerte sowohl verbessern als auch vereinfachen. Keine leichte Aufgabe. Weiterlesen

Ein oder zwei Gewerbebetriebe – das ist hier die Frage

Es gibt unzählige Urteile zu der Frage, ob ein Unternehmer einen oder zwei Gewerbebetriebe sein Eigen nennt. Das liegt wohl daran, dass jeder Fall gesondert zu betrachten ist und es dementsprechend fast immer einer Einzelfallentscheidung bedarf.

Jüngst haben das FG Düsseldorf und das FG Münster die Rechtsprechung um weitere Fälle bereichert. Weiterlesen

Doppelte Haushaltsführung: Zweitwohnungsteuer fällt unter 1.000-Euro-Grenze

Ist eine doppelte Haushaltsführung dem Grunde nach steuerlich anzuerkennen, sind die Kosten der Zweitwohnung als Werbungskosten absetzbar, allerdings begrenzt auf 1.000 Euro pro Monat. Zuletzt gab es zunehmend Rechtsstreitigkeiten um die Frage, was konkret unter die 1.000 Euro-Grenze fällt. So hatte das FG München entschieden, dass die Zweitwohnungsteuer nicht zu den Unterkunftskosten gehört, die mit höchstens 1.000 Euro im Monat als Werbungskosten anerkannt werden können. Sie sei gegebenenfalls zusätzlich abziehbar (FG München, Urteil vom 26.11.2021, 8 K 2143/21). Doch der BFH hat der Revision des Finanzamts entsprochen. Die Zweitwohnungsteuer gehöre zu den Kosten der Unterkunft. Ist der Höchstbetrag von 1.000 Euro pro Monat bereits ausgeschöpft, kann die Zweitwohnungsteuer also nicht zusätzlich als Werbungskosten abgezogen werden (BFH-Urteil vom 13.12.2023, VI R 30/21).

Der Sachverhalt:

Die Klägerin hatte an ihrem Tätigkeitsort München eine Zweitwohnung angemietet. Die hierfür entrichtete Zweitwohnungsteuer machte sie neben weiteren Kosten für die Wohnung in Höhe von jeweils mehr als 12.000 Euro als Aufwendungen für ihre doppelte Haushaltsführung geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen jeweils nur mit dem Höchstbetrag von 12.000 Euro. Der BFH sieht die Begrenzung als rechtens an.

Die Begründung:

Zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG, die (nur) mit dem Höchstbetrag von 1.000 Euro pro Monat abgezogen werden können, zählen alle Aufwendungen, die der Steuerpflichtige getragen hat, um die Unterkunft zu nutzen, soweit sie ihr einzeln zugeordnet werden können. Hat der Steuerpflichtige eine Wohnung angemietet, gehört zu diesen Aufwendungen zunächst die Bruttokaltmiete; bei einer Eigentumswohnung die Absetzung für Abnutzung (AfA) auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie die Zinsen für Fremdkapital, soweit sie auf den Zeitraum der Nutzung entfallen. Aber auch die (warmen und kalten) Betriebskosten einschließlich der Stromkosten gehören zu diesen Unterkunftskosten.

Die Zweitwohnungsteuer stellt eine unmittelbar mit dem tatsächlichen Mietaufwand für die Zweitwohnung verbundene zusätzliche finanzielle Belastung für das Innehaben und die damit regelmäßig einhergehende Nutzung der Zweitwohnung dar. Auch sie gehört folglich zu den Unterkunftskosten.

Denkanstoß:

Das Urteil ist für die Betroffenen ärgerlich. Ohnehin ist der Höchstbetrag von 1.000 Euro pro Monat nicht gerade üppig bemessen. Wenigstens hat der BFH bestätigt, dass Ausgaben für die Anschaffung von notwendigen Einrichtungsgegenständen und Hausrat nicht unter die 1.000-Euro-Grenze fallen. Dies hatte der BFH bereits mit Urteil vom 4.4.2019 (VI R 18/17) entschieden. Zu berücksichtigen ist insoweit auch das BMF-Schreiben vom 25.11.2020 (BStBl 2020 I S. 1228, Tz. 108): Wenn die Anschaffungskosten für die Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung – ohne Arbeitsmittel – insgesamt nicht höher sind als 5.000 Euro einschließlich Umsatzsteuer, ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass es sich um notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung handelt.

In meinem Blog-Beitrag „Doppelte Haushaltsführung: 1.000 Euro sind nicht immer 1.000 Euro, oder?“ hatte ich im Übrigen auf ein Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern vom 21.9.2022 (3 K 48/22) hingewiesen. Danach würden die Kosten für Heizung und Warmwasser nicht unter die 1.000-Euro-Grenze fallen. Immerhin ist das Urteil rechtskräftig geworden. Der BFH schreibt nun aber, dass die (warmen und kalten) Betriebskosten einschließlich der Stromkosten zu den Unterkunftskosten gehören. Ich denke daher, dass andere Gerichte der Auffassung des FG Mecklenburg-Vorpommern nicht folgen werden.