Einen Klassiker hatte das LArbG Baden-Württemberg erst kürzlich zu entscheiden: Ist eine Violinistin, die als Aushilfe in Vertretungsfällen bzw. als Verstärkung bei größeren Musikproduktionen im Orchester eingesetzt wird, als Arbeitnehmerin tätig?
Nein, die Musikerin – auch wenn Sie bereits Jahrzehnte im Orchester ausgeholfen hat – ist nicht als Arbeitnehmerin tätig. Das Vertragsverhältnis ist auch nicht als Arbeitsverhältnis auf Abruf zu qualifizieren. Die Entscheidung fügt sich in die lange Liste der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Orchestermusikern:
Bereits seit 2002 ist klar, dass eine Beschäftigung als Orchestermusiker nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern auch als freier Mitarbeiter möglich sei. Maßgeblich sei, ob der Orchestermusiker seine Arbeitszeit noch im Wesentlichen frei gestalten könne oder einem umfassenden Weisungsrecht der Orchesterleistung unterliege.
611a BGB stellt klar, dass durch den Arbeitsvertrag der Arbeitnehmer im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundenere, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Dass sich ein Musiker auf Proben einstellen muss, die vorgegeben werden, muss in der Prüfung der Weisungsgebundenheit konkret berücksichtigt werden.
Die Frage der Weisungsgebundenheit wurde im vorliegenden Fall sowohl für die Konstellation der Aushilfe als auch der Verstärkung differenziert betrachtet. Entscheidend war jeweils, dass nicht einseitig über die Arbeitszeit der Violinistin verfügt wurde, indem Sie in konkrete Orchesterdienstpläne eingeteilt wurde und Sie nicht zusätzliche Proben absolvieren musste, sondern vielmehr häufig „vom Blatt weg“ spielte.
Fazit:
Auch bei einer langjährigen Zusammenarbeit zwischen Parteien muss nicht automatisch ein Arbeitsverhältnis entstehen – entscheidend ist, ob die Gesamtumstände eine Weisungsgebundenheit vorgeben.
Weitere Informationen:
- LArbG Baden-Württemberg Urteil vom 10.1.2020 – 1 Sa 8/19 (lrbw.juris.de)
- BAG, Urteil vom 7.2.2007 – 5 AZR 270/06 (openjur.de)