Am 25.6.2021 hat der Bundesrat das vom Bundestag am 11.6.2021 beschlossene Lieferkettengesetz (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – LkSG) durch Verzicht auf ein Vermittlungsverfahren gebilligt. Dennoch: Bedenken gegen das politisch hoch umstrittene Gesetz bleiben.
Hintergrund
Deutsche Unternehmen sind umfassend auf globalen Beschaffungs- und Absatzmärkten unterwegs. Das Gesetz über unternehmerische Sorgfaltspflichten in Lieferketten will sicherstellen, dass Unternehmen in Lieferketten ihrer Verantwortung für die Achtung von Menschenrechten gerecht werden. Hierzu legt das neue Gesetz Anforderungen an eines verantwortliches Risikomanagement für Unternehmen bestimmter Größenordnung fest, Unternehmen müssen festlegen, wer im Unternehmen zuständig ist, das Risikomanagement zu überwachen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle wird mit Eingriffsbefugnissen ausgestattet. Auch der Umweltschutz ist erfasst, soweit Umweltrisiken zu Menschenrechtsverletzungen führen können. Einzelheiten finden Sie hier: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/beratungsvorgaenge/2021/0401-0500/0495-21.html
Bewertung der Auswirkungen in der Unternehmenspraxis
Bei Unternehmen und Wirtschaftsverbänden führt das neue Gesetz nach wie vor mindestens zu großer Skepsis. Unternehmen werden ab 2023 erweiterte Pflichten bezüglich ihrer Lieferanten auferlegt. Das führt auch zu weiteren Herausforderungen bei den rechts- und steuerberatenden Berufen bei der Beachtung von Berichterstattungspflichten in Lieferketten.
Dass jetzt im Gesetzgebungsverfahren weitreichende Änderungsvorschläge des Bundesrates im weiteren Verfahren schlicht „unter die Räder“ gekommen sind, zeigt, dass das Lieferkettengesetz ein politisches und überhastetes Wahlkampfopfer geworden ist – nur weil das Vorhaben im Koalitionsvertrag auf der Agenda stand.
Vor allem aber ist der Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes zu kritisieren: Denn die EU-Kommission parallel an einer entsprechenden Regulierung arbeitet, die noch weiter reichen sollen als die deutsche Lösung mit seinen überaus bürokratischen Dokumentationspflichten. Insofern ist ein schwacher Trost, dass das Gesetz an eine künftige europäische Regelung angepasst werden soll mit dem Ziel, Wettbewerbsnachteile für die deutsche Wirtschaft zu verhindern.
Bereits heute haften Unternehmen grundsätzlich nach §§ 823, 826 BGB – unabhängig von der Unternehmensgröße – bei der Verletzung von Sorgfaltspflichten im Kontext mit Menschenrechtsverletzungen. Insofern ist der jetzt erfolgte Hinweis des Gesetzgebers einer fehlenden, auf dem Lieferkettengesetz basierenden originären zivilrechtlichen Haftung schlicht irreführend. Vielmehr hätte sich der Gesetzgeber damit auseinandersetzen müssen, welchen Auswirkungen das Gesetz aus das bereits bestehende Haftungsregime hat.
Das Gesetz gilt ab 1.1.2023 zwar zunächst „nur“ für Konzerne mit mehr als 3000 Mitarbeitern. Das sind nach Angaben aus der Koalition über 925 Betriebe. Ab 2024 sollen aber auch Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten einbezogen werden, das wären rund 4800 Firmen: Spätestens dann droht das Gesetz mit seiner Bürokratielast zu einer echten Bedrohung für den deutschen Mittelstand zu werden.
Quellen
- Deutscher Bundestag – Bundestag verabschiedet das Lieferkettengesetz
- BR-Drs. 239/1/21
- BR-Drs. 495/21