Nicht abziehbare Schuldzinsen sind gemäß § 4 Abs. 4a EStG nur hinzuzurechnen, wenn Überentnahmen vorliegen. Dies sei nach Auffassung des FG Rheinland-Pfalz in einem aktuellen Urteil (Az. 5 K 1375/16) nur dann der Fall, wenn das Eigenkapital negativ ist. Solange es positiv ist, greife § 4 Abs. 4a EStG nach seinem Normzweck nicht und es lägen Entnahmen und keine Überentnahmen vor. Dieser knüpfe gedanklich an den jeweiligen Bestand noch vorhandenen Eigenkapitals an, der grundsätzlich steuerunschädlich entnommen werden kann. Der Schuldzinsenabzug solle nur für den Fall eingeschränkt werden, dass der Steuerpflichtige mehr entnimmt als ihm hierfür an Eigenkapital zur Verfügung steht.
Liegt darin ein unerkannter Systembruch?
Zum besseren Verständnis möchte ich zwei Sachverhaltselemente hervorheben, die in den Entscheidungsgründen nur im hintergründig anklingen, denen für das gefundene Ergebnis aber zentrale Bedeutung zukommt:
- Bis einschließlich Kalenderjahr 1999 hat die Klägerin aus dem Betrieb hohe Gewinne erzielt, diese aber nur teilweise entnommen (= Unterentnahmen). In den Folgejahren haben die Entnahmen den erzielten Jahresgewinn stets erheblich überschritten. Die besondere Konstellation ist hier dem Zusammenfallen der Einführung des § 4 Abs. 4a EStG ab 01.01.1999 mit dem gleichzeitigen Wechsel von Unterentnahmen zu Überentnahmen geschuldet.
- Die Schuldzinsen, deren Abziehbarkeit streitig war, sind Gewinnanteile der als typisch stille Gesellschafter beteiligten Kinder der Klägerin. Insoweit besteht meines Erachtens eine besondere Interessenlage, welche u. U. auch den plötzlichen Anfall der Überentnahmen plausibilisiert. Die Entscheidung, den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4a EStG einzuschränken, erscheint vor diesem Hintergrund aber nicht zwingend geboten.
Die Auswirkungen dieser Einzelfallentscheidung für die Besteuerungspraxis sind somit wesentlich begrenzter als der Leitsatz auf den ersten Blick suggeriert.
Die Revision wurde nicht zugelassen. Es bleibt daher offen, ob der BFH sich der Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 4 Abs. 4a EStG in Fällen mit positivem Eigenkapital anschließen würde, wenn gesondert über diesen – doch speziellen – Sachverhalt zu entscheiden wäre.
Weitere Informationen:
Finanzgericht v. 09.08.2018 – 5 K 1375/16
(landesrecht.rlp.de/juris.de)
Warum wurde Revision nicht zugelassen? Möchte die Verwaltung keinen Dammbruch in dieser Sache?