Frankreich reduziert ab September 2020 in Stufen den Bürokratieaufwand bei Ausgabe von Kassenbons spürbar. Wann schafft der Gesetzgeber in Deutschland endlich entsprechende gesetzliche Befreiungserleichterungen bei der Kassenbonpflicht?
Hintergrund
Seit 01.01.2020 gilt auf der Grundlage des sogenannten Kassengesetzes (Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22.12.2016, BGBl2016 I S. 3152 die Pflicht zur Ausgabe von Kassenbelegen an den Endkunden. Das Gesetz sieht auch die verpflichtende Ausstattung elektronischer Aufzeichnungssysteme mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE), die Möglichkeit der Kassen-Nachschau und begleitend die Belegausgabepflicht als Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung des Steuerbetrugs vor. Durch die TSE ist gewährleistet, dass Kasseneingaben mit Beginn des Aufzeichnungsvorgangs protokolliert und später nicht mehr unerkannt verändert werden können. Allerdings war eine flächendeckende Aufrüstung der Kassensysteme mit TSE zum 1.1.2020 nach Aussage der Bundesregierung (BT-Drs. 19/18393) nicht erreichbar, weil das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erst im Dezember 2019 konnte das BSI daher Zertifizierungen bzw. vorläufige Freigaben für hardwarebasierte Lösungen habe aussprechen können.
Diese Bonausgabe-Verpflichtung sieht die Regierung als Bestandteil zur Herstellung fairer Chancen im Wettbewerb an, da die Möglichkeit zur Erwirtschaftung unversteuerter Umsätze – vor allem in der Gastronomie, im Handel und im Lebensmittelhandwerk mit großen Bargeldbeständen – erschwert werden.
Wie mehrfach an dieser Stelle berichtet, sind wiederholte Vorstöße in der Politik zur Schaffung von Ausnahmen von der Kassenbonpflicht bislang ohne Erfolg geblieben, obwohl Verbände und Gewerbetreibende, die von der Kassenbonpflicht betroffen sind, von Anbeginn des Jahres die Kassenbonpflicht als „Bürokratiemonster“ verteufeln. Anstelle eines auf Thermopapier erzeugten Papierbelegs, der teuer entsorgt werden muss und die Umwelt belastet, kann zwar auch ein elektronischer Beleg erstellt werden (§ 6 Abs. 3 KassenSichV), jedoch nur, wenn der Kunde zustimmt; nur dann können unnötige Papierbelege vermieden werden.
Frankreich schränkt Bonpflicht ein
In Deutschland bleibt die Wirtschaft nach wie vor darauf angewiesen, im Einzelfall die Befreiung von der Belegausgabepflicht aus Zumutbarkeitsgründen zu beantragen. Nach Angaben der Bundesregierung obliegt die Befreiung von der Belegausgabepflicht nach wie vor dem jeweils zuständigen Finanzamt, das im jeweiligen Einzelfall prüft, ob die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Voraussetzung dafür sind „persönliche oder sachliche Härtegründe“. Diese Härtegründe sind in der Vergangenheit von der Finanzverwaltung durchweg eng ausgelegt worden. Zur Schaffung einer gesetzlichen Befreiungslösung stand das Thema Kassenbonpflicht zwar mittlerweile dreimal auf der Tagesordnung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages – und zwar vor der Corona-Krise –, jedoch hat der Finanzausschuss des Bundestages eine nähere sachliche Befassung bislang mehrheitlich abgelehnt. Das Ausland macht hingegen vor, wie eine unbürokratische Lösung aussehen kann.
In Frankreich gilt ab 01.09.2020 keine Belegausgabepflicht mehr für Kassenbelege unter 10 Euro. Ab dem 01.09.2021 wird die Grenze auf 20 Euro erhöht und ab 01.01.2022 auf 30 Euro. In Frankreich müssen Kassen und die Kassen-Software bereits seit 01.01.2018 zertifiziert sein, um eine Manipulation der Daten und damit eine mögliche Steuerhinterziehung zu unterbinden. Dies alles teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (BT-Drs. 19/18393) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (BT-Drs. 19/17675) mit.
Gesetzliche Befreiung von der Kassenbonpflicht lässt weiter auf sich warten
Sicherlich haben die Unternehmen in der wirtschaftlichen Krise der Corona-Pandemie weiß Gott andere Sorgen, als sich um Befreiungen von der gesetzlich angeordneten Kassenbonpflicht zu kümmern. Immerhin hat aber auch die Corona-Pandemie ihre Fernwirkung auf die Bonpflicht: Nachdem Gastronomiebetriebe von der Corona-Krise besonders betroffen sind, soll die Umsatzsteuer, die bislang nur bei Speisen zum Mitnehmen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ermäßigt besteuert werden, ab dem 01.07.2020 befristet bis zum 30.06.2021, für Speisen in der Gastronomie auch bei Verzehr im Restaurant auf den ermäßigten Steuersatz von 7 % gesenkt werden. Die entsprechende gesetzliche Regelung wird derzeit auf den Weg gebracht.
Hiermit verbunden ist für den Gastronom auch in Bezug auf zertifizierte Kassensysteme ein Umstellungsaufwand erforderlich. Denn der Gastronom muss diesbezüglich ab 01.07.2020 für die zu einem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % abgegebenen Speisen (auch bei Verzehr im Restaurant) die Software des Kassensystems anpassen, so dass das Kassensystem für die im Restaurant verzehrten Speisen einen Steuersatz von 7 % ausweist, für Getränke hingegen einen Steuersatz von 19 %. Auch das ist ein weiteres Argument: Der Gesetzgeber sollte zügig eine Möglichkeit zur Befreiung von der Belegausgabepflicht aus Zumutbarkeitsgründen schaffen – auch wenn uns auf absehbare Zeit noch andere Corona bedingte Sorgen plagen.
Auch im Frühjahr 2020 sieht die Bundesregierung die elektronische Bereitstellung des Belegs zu Recht als „zukunftsweisend“ an – dem ist nichts entgegenzuhalten. Die Wirtschaft entwickle und nutze bereits Alternativen zum Papierbeleg. Es existierten bereits verschiedene Übertragungswege für den elektronischen Beleg an den Kunden. Mehrere Bäckereien nutzten beispielsweise zur Bereitstellung des elektronischen Beleges das QR-Code-Verfahren. Bei solchen Verfahren sei es in der Regel nicht erforderlich, dass persönlichen Daten des Kunden – wie etwa die IP-Adresse – über den Nutzungsvorgang hinaus gespeichert würden. Aber: Offenbar sieht die Bundesregierung auch in Ihrer Antwort auf die FDP Anfrage (BT-Drs. 19/18393 vom 26.3.2020, Antwort zu Frage 11) keinen Handlungsbedarf, um auf gesetzlichem Wege weiteren Erleichterungen von der Kassenbonpflicht zu schaffen.
Warum ist das in Frankreich möglich, in Deutschland aber nicht? Mir fällt keine Erklärung ein …
Quellen
- Kleinen Anfrage der FDP, BT-Drs. 19/17675
- Antwort der Bundesregierung, BT-Drs. 19/18393
- Hib 449/2020 v. 30.4.2020
Ob Kassenbonpflicht oder Corona … typisch deutsch: wir fallen von einem Extrem ins andere Extrem, dazwischen gibt es nichts. Und das Allerbeste, wir machen unsere Fehler allein. Wir müssen nicht irgendwohin schauen. Wir sind auch bei Steuern die Größten auf dieser Welt, Ratschläge brauchen wir schon gar nicht und unsere Gesetze sind die besten, die die Sonne je gesehen hat. Obendrein haben wir noch dazu die Möglichkeit, diese sachen dann auch zu kontrollieren (wenn wir das mal auf anderen Gebieten ebenso tun würden). Man sollte die Abgeordneten des Bundestages, die das beschließen, komplett erst mal in die Praxis schicken, um auszuprobieren, was sie den Leuten per Gesetz dann zumuten wollen! Ich will nicht verstehen, dass von 709 Leuten nicht einer dabei ist, der dagegen stimmt?
Sicher ist die Anmerkung von Herrn Meyer richtig. Aber was sollen den die zielgerichtet ausgebildeten Referenten für Gesetzentwürfe und Bearbeitung von Änderungen anderes fertig bringen, wenn der beliebte Computer alles vorbereitet und dies immer richtig ist. Hier fehlt einfach die kritische Einstellung der beauftragten Mitarbeiter der Minister und der Abgeordneten. Diese sind vielfach nie mit der praktischen Auswirkung der Gesetze beschäftigt, demnach können sie auch deren Wirkung nicht beurteilen. Der Computer ist immer so schlau wie der Mensch, der ihn bedient. Nicht die KI sollte entscheiden, ob seitenlange Paragrafen und Ausdehnung der Gesetzesvorschriften nötig sind. Dies sollten die von uns gewählten Abgeordneten tun. Nur dann wirkt auch eine Entlastung von zuviel Bürokratie.