Update: Neuigkeiten von der Grundsteuer vor den Finanzgerichten

Das rechtliche Schicksal der neuen Grundsteuer ist noch immer nicht abschließend geklärt. Aktuell gewährt der BFH die Aussetzung der Vollziehung gegen Grundsteuerwertfeststellung, wenn der Verdacht besteht, dass die pauschal ermittelten Werte für die Grundsteuer deutlich zu hoch sind. Das FG Baden-Württemberg hält das Länderbewertungsmodell für verfassungskonform.

Hintergrund

Das BVerfG (BVerfG 10.4.18, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147) hat im April 2018 entschieden, dass das bisherige Bewertungsrecht verfassungswidrig ist und der Gesetzgeber deshalb bis 31.12.2019 ein neues Gesetz erlassen muss. Den Handlungsauftrag des BVerfG hat der Bundesgesetzgeber Ende 2019 mit drei Gesetzen erfüllt:

  • Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes v. 15.11.2019, BGBl. I S. 1546;
  • Grundsteuer-Reformgesetz – GrStRefG v. 26.11.2019, BGBl. I S. 1794;
  • Grundsteuer C-Gesetz v. 30.11.2019, BGBl I S. 1875).

Nach der mit der Grundgesetzänderung beschlossenen Länderöffnungsklausel können die Länder vom Bundesmodell abweichen und eigene Bewertungsregeln beschließen. Von diesem Recht haben fünf Bundesländer Gebrauch gemacht.

BFH gewährt AdV bei Grundsteuerwertfeststellung im Bundesmodell

Der BFH hat aktuell entschieden (BFH v 27.05.2024 – II B 79/23 (AdV)), dass die Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. BewG i. d. F. des Grundsteuer-Reformgesetzes v. 26.11.2019 (BGBl 2019 I S. 1794) im sog. Bundesmodell zur Grundsteuerwertfeststellung bei der im Aussetzungsverfahren gem. § 69 Abs. 3 FGO gebotenen summarischen Prüfung verfassungskonform dahin auszulegen sind, dass auf der Ebene der Grundsteuerwertfeststellung nach §§ 218 ff. BewG im Einzelfall der Nachweis eines niedrigeren (gemeinen) Werts erfolgen kann. Hierfür ist regelmäßig der Nachweis erforderlich, dass der Wert der wirtschaftlichen Einheit den festgestellten Grundsteuerwert derart unterschreitet, dass sich der festgestellte Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist.

Was sollten Betroffene tun?

Wird dieser Nachweis erbracht, müssen Betroffene dann unter Berufung auf das jüngste BFH-Urteil Abweichungen von mindestens 40 Prozent glaubhaft machen, damit es am Ende zu einer Korrektur der Steuer kommt. Das kann etwa bei einer schlechten Zugänglichkeit des Grundstücks (Hanglage) oder einem sehr schlechten Zustand eines aufstehenden Hauses der Fall sein.

Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuer weiter offen

Von der Länderöffnungsklausel, die vom Bundesgesetz abweichende Grundbesitzbewertungsregeln durch Landesrecht erlaubt, haben die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen Gebrauch gemacht. Sie sind teilweise vollständig oder in einzelnen Punkten vom sog. Bundesmodell abgewichen. Insoweit hat das FG Baden-Württemberg (v. 11.6.2024 – 8 K 2368/22 und 8 K 1582/23) aktuell entschieden, dass das „modifizierte Bodenwertmodell“ des Landesgrundsteuergesetzes in Baden-Württemberg verfassungsgemäß ist. Zuvor hatte bereits das FG Nürnberg (v. 8.8.2023 – 8 V 300/23), entschieden, dass gegen das bayerische „Flächenmodell“ keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

Demgegenüber waren Ende 2023 zwei Eilanträge gegen die Grundstücksbewertung nach dem neuen Grundsteuer- und Bewertungsrecht vor dem FG Rheinland-Pfalz wegen verfassungsrechtlicher Bedenken erfolgreich (FG Rheinland-Pfalz v. 23.11.2023 – 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23). Hierüber habe ich im Blog berichtet.

Im Hauptsacheverfahren müsste dann das FG Rheinland-Pfalz bei fortbestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken das Verfahren aussetzen und die Entscheidung des BVerfG einholen (Art. 100 Abs. 1 S.1 GG; §§ 13 Nr.11, 80 ff BVerfGG). Es ist gut vorstellbar, dass zunächst der BFH und im Anschluss das BVerfG klären müssen, ob die neuen Bewertungsvorschriften der Grundsteuer einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten. Ggf. sollten deshalb Steuerpflichtige entsprechende Bescheide durch Einspruch offenhalten, wenn sie der Meinung sind, dass die neue Grundsteuer zu hoch festgesetzt ist.

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