In einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren hat das FG Sachsen als eines der ersten deutschen Finanzgerichte eine (vorläufige) Befreiung von der Belegausgabepflicht abgelehnt: Es zeigt sich, dass die Hürden für eine Befreiung durch das Finanzamt auch vor den Finanzgerichten verdammt hoch liegen….
Hintergrund
Durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen v. 22.12.2016 (BGBl 2016 I S. 3152) ist § 146a AO eingeführt worden. Seit 01.01.2020 gilt auf der Grundlage dieses sogenannten Kassengesetzes neben der Einführung einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) an elektronischen Kassen auch die Pflicht zur Ausgabe von Kassenbelegen an den Endkunden (§ 146a Abs. 2 S.1 AO). Hiervon kann man sich beim Finanzamt auf Antrag bei Vorliegen einer Härte befreien lassen (§ 1461 Abs. 2 S. 2 AO).
Worum ging es im Streitfall?
Die Antragstellerin begehrte die Befreiung von der Belegausgabepflicht einer auf einem Hauptbahnhof betriebenen Bäckereifiliale. Sie vertreibt dort eine Vielzahl geringwertiger Waren (Backwaren, Kaffee) überwiegend an Reisende. In einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren vor dem FG Sachsen beantragte sie die vorläufige Befreiung von der Belegausgabepflicht (§ 146a Abs.2 S.2 AO) – ohne Erfolg!
Wie hat das FG Sachsen entschieden?
146a Abs. 2 Satz 2 AO sieht eine Möglichkeit der Befreiung von der seit dem 01.01.2020 geltenden Belegausgabepflicht (§ 146a Abs. 2 Satz 1 AO) bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen (Massengeschäft) vor. Hierüber entscheidet auf Antrag das Finanzamt nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Voraussetzungen des § 148 AO.
Das FG Sachsen hat den Antrag abgelehnt: Die Erfüllung der Verpflichtung muss dem betroffenen Unternehmer unzumutbar sein. Darüber hinaus muss die Einhaltung der durch § 146a Abs. 2 S. 1 AO auferlegten Belegausgabepflicht Härten mit sich bringen und die Besteuerung darf durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt werden. Eine „Härte“ nach § 148 AO setzt eine Pflicht von einigem Gewicht voraus, deren Erfüllung dem Steuerpflichtigen nicht nur lästig sein darf, weil die Belastungen grundsätzlich alle Steuerpflichtigen in gleicher Weise treffen. Bloße Erschwerungen des Betriebsablaufs oder Kostennachteile reichen nicht aus. Vielmehr muss die Pflicht für den Steuerpflichtigen im konkreten Einzelfall unzumutbar sein; das hatte die Antragstellerin nicht konkret dargelegt.
Was bedeutet die Entscheidung für die Praxis?
Die Entscheidung hat über den entschiedenen Fall hinaus große praktische Bedeutung. Sie belegt, dass nur untern engen Voraussetzungen das Finanzamt verpflichtet werden kann, wegen einer Härte (§ 148 AO) von der Belegausgabepflicht zu befreien. Dies ist Wasser auf die Mühlen des Gesetzgebers, der sich trotz mehrfacher politischer Vorstöße bislang beharrlich geweigert hat, eine „weichere“ gesetzliche Befreiungsmöglichkeit in das Gesetz aufzunehmen als das bislang der Fall war.
Mit dem Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung – Gesetz zur Verhinderung einer Bon-Pflicht für Bäcker“ (BT-Drs. 19/15768 v. 10.12.2019) wollte die FDP erreichen, dass die Finanzbehörden im Fall der Nutzung einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung beim Verkauf von Waren und der Erbringung von Dienstleistungen an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen die Betroffenen von der Pflicht, generell Belege auszugeben, befreien können. Dieser Antrag ist im Bundestag mehrfach von der Tagesordnung abgesetzt worden, sein Erfolg inzwischen sehr unwahrscheinlich.
Es kann zwar auch ein elektronischer Beleg erstellt werden (§ 6 Abs. 3 KassenSichV), jedoch nur, wenn der Kunde zustimmt. Allerdings lässt die Finanzverwaltung inzwischen zu (BMF-Schreiben v. 28.5.2020 – IV A 4 -S 0316-a/20/10003 :002), dass auch eine digitale Belegausgabe erfolgen kann. Es ist z. B. zulässig, wenn der Kunde unmittelbar über eine Bildschirmanzeige (z. B. in Form eines QR-Codes) oder als Download-Link oder per E-mail den elektronischen Beleg entgegennehmen kann. Vor dem Hintergrund dieser digitalen Entwicklung erscheint zunehmend unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber einen Regelungsbedarf zur Einführung gesetzlicher Befreiungsmöglichkeiten sieht.
Weitere Informationen:
Man sollte die Entscheidung aber auch nicht überbewerten. Es ist so gut wie unmöglich einstweiligen Rechtsschutz nach § 114 FGO zu bekommen, egal um welches Thema es geht. Im nächsten Jahr bekommen wir sicher die ersten Hauptsacheentscheidungen. Dann wird man sehen, wie sich die Rechtsprechung positioniert.