Positive Nachrichten für Finanzminister Olaf Scholz: Die befürchteten Steuermindereinnahmen fallen dieses Jahr doch geringer aus als bei der letzten Prognose befürchtet. Dennoch klafft aufgrund der Corona-Krise im Vergleich zu 2019 in der Staatskasse eine große Lücke.
Hintergrund
Am 12. November 2020 verkündete der Finanzminister die Ergebnisse der 159. Sitzung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“. Das Erfreuliche: Trotz der Corona-Krise und der mit ihr einhergehenden Einschränkungen für die Wirtschaft können Bund, Länder und Kommunen im kommenden Jahr mit leicht höheren Steuereinnahmen rechnen als es zuletzt prognostiziert worden war (vgl. Ergebnisse der 158. Sitzung aus September 2020). So rechnet der Arbeitskreis für das Jahr 2021 nun mit rund 3,4 Mrd. Euro Mehreinnahmen gegenüber der letzten Prognose. Für das aktuelle Jahr erwartet man insgesamt fast 10,6 Mrd. Euro mehr Steuereinnahmen als zuletzt prognostiziert. Auch für 2022 soll es nach jetziger Prognose positiver laufen als zuletzt berechnet.
Vergleicht man die Daten allerdings mit den Zahlen aus 2019, ergibt sich ein deutliches Minus von insgesamt rund 71 Mrd. Euro diesjährig. Das entspricht einem Rückgang von fast 8,9 Prozent. Erstmals seit der Finanzkrise im Jahre 2009 gehen die Steuereinnahmen damit so massiv zurück. Erst im Jahr 2024 soll der Bund dasjenige Steueraufkommen, welches im Jahr 2019 erzielt wurde, wieder erreichen. Auch für das Jahr 2021 ergibt sich eine deutliche Korrektur. Waren es vor der Corona-Krise noch rund 845 Mrd. Euro, welche der Arbeitskreis als Steuereinnahmen geschätzt hatte, sind es derzeitig lediglich rund 776,2 Mrd. Euro, die prognostiziert werden.
Unterschiedliche Entwicklungen bei Bund und Ländern
Betrachtet man die Einnahmen von Bund und Ländern gesondert, ist auffallend, dass die Länder diesjährig insgesamt höhere Steuereinnahmen verbuchen werden als der Bund. Dies ist bemerkenswert, weil es bisher stets der Bund war, welcher höhere Steuereinnahmen als die Ländergemeinschaft hatte. Bis zum Jahr 2024 prognostiziert der Arbeitskreis Steuerschätzung an dieser Entwicklung keine Änderung.
Scholz sieht positive Entwicklung
Bundesfinanzminister Olaf Scholz äußerte sich positiv zu den aktuellen Steuerschätzungen. Zwar sei es im November trübe, aber der Blick gehe nach vorne in die Sonne. „Die wichtigste Botschaft, neben allem anderen, ist das Vertrauen darin, dass wir gemeinsam durch diese schwierige Zeit kommen“, sagte er. Er sei überzeugt, dass die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen daran glaubten, dass die Lage wieder besser werde.
Ein Grund für die geänderten Prognosen ist vor allem die wirtschaftliche Entwicklung im Sommer und Spätsommer. So ist laut Scholz zu verzeichnen, dass sich Unternehmen oft doch schneller erholen als gedacht, mit der Folge, dass das Bruttoinlandsprodukt nicht ganz so dramatisch abstürzt wie befürchtet. „Die aktuelle Steuerschätzung zeigt, dass unsere bisherigen Entscheidungen richtig gewesen sind und es konjunkturell wieder aufwärts geht“, so Scholz weiter.
Lage bleibt weiterhin angespannt
Auch wenn der Bundesfinanzminister immer wieder hervorhebt, dass der Bund die finanzielle Kraft habe, alles Nötige gegen die Corona-Pandemie zu tun und bei Hilfsprogrammen gegebenenfalls nochmals nachlegen könnte, machen die neuesten Zahlen deutlich, dass die Haushaltslage sehr angespannt ist. Denn die Corona-Krise reist ein deutliches Loch in die Kassen, welches uns für lange Zeit begleiten wird. Entsprechend pessimistisch sind oftmals auch die Einschätzungen an anderer Stelle. So mahnt Eckhardt Rehberg, der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, z.B. zur Vorsicht. „Die Haushaltslage des Bundes bleibt weiter angespannt.“ Geringfügige Mehreinnahmen änderten nichts am Gesamtbild. Friedrich Heinemann, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzen“ konstatierte: „Diese Steuerschätzung bringt überhaupt keine Entwarnung. Das Licht am Ende des Tunnels ist allenfalls eine Funzel“.
Gerechte Verteilung der Krisenkosten?
Die weiterhin angespannte Finanzlage dürfte eine Diskussion darüber auslösen, wie die Kosten dieser Krise „gerecht“ zu verteilen sind. Eine Stellschraube in der Debatte wird sicherlich das Steuersystem einnehmen, über welches zusätzliche Be- und Entlastungen gestaltet werden könnten. Inwiefern es hier vor der Bundestagswahl zu umfassenden Neuerungen kommen wird, bleibt abzuwarten.