In einem kürzlich veröffentlichten Urteil hat der BFH zur ertragsteuerlichen Beurteilung von im Privatvermögen gehaltenen Wirtschaftsgütern über eine Internetplattform Stellung bezogen. Er konstatiert, dass die Veräußerung einer privaten Sammlung en bloc oder in mehreren Einzelverkäufen der letzte Akt der privaten Vermögensverwaltung sein kann.
Hintergrund
Werden privat und ohne Veräußerungsabsicht angeschaffte bewegliche Wirtschaftsgüter veräußert, kann dies nach der Rechtsauffassung des X. Senats des BFH auch dann der letzte Akt der privaten Vermögensverwaltung sein, wenn die Veräußerung über einen langen Zeitraum und in zahlreichen Einzelakten ausgeführt wird (Urteil v. 17.6.2020, X R 18/19). Allein die Verwendung einer auch von gewerblichen Händlern genutzten Internetplattform führt zu keinem anderen Ergebnis.
Zum Sachverhalt
In den Streitjahren 2010 bis 2012 unterhielt der Kläger einen Internet-Shop, über welchen er sowohl Modelleisenbahnen als auch entsprechendes Zubehör veräußerte. Angeboten wurden auch Reparaturen und Umbauten der Modelle. Eine Umsatzsteuersonderprüfung ergab, dass der Kläger Umsatzerlöse in den Streitjahren aus ca. 1.500 Verkäufen über eBay im Rahmen seiner Gewinnermittlung nicht berücksichtigt hatte. Laut Kläger stammten die Modelle dabei aus einer privat aufgebauten Sammlung. Sie seien nicht zum Zwecke einer späteren Veräußerung angeschafft worden. Das Finanzamt ging davon aus, dass diese Verkäufe in unmittelbarem Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit des Klägers stehen und unterwarf infolgedessen die Gewinne aus dem Verkauf dieser Sammlung der Besteuerung. Der hiergegen eingelegte Einspruch sowie die beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz (Urteil v. 21.8.2018, 4 K 1593/16) sodann geführte Klage hatten keinen Erfolg. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass auch die Verkäufe über eBay dem Gewerbebetrieb zuzuordnen seien, da auch die Auflösung einer privat angelegten Sammlung durch eine Vielzahl von Verkäufen gewerblich sei.
BFH: Gewerblichkeit nicht allein wegen Veräußerung über Internetplattform
In seinem Urteil konstatiert der BFH nun, dass dem Finanzgericht bei seiner Entscheidungsfindung ein materiell-rechtlicher Fehler unterlaufen ist. Denn: Weil es auf die Frage der Herkunft der veräußerten Modelleisenbahnen in entscheidungserheblicher Weise ankommt, hätte nicht schlicht unterstellten werden dürfen, dass die Gegenstände aus einer privaten Sammlung des Klägers stammten.
Es sei zu unterscheiden:
- Soweit die über eBay verkauften Modelleisenbahnen für den gewerblichen Internet-Shop des Klägers angeschafft wurden, sind die hieraus erzielten Einnahmen den Einkünften aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen. Einlagewerte nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG wären – vorbehaltlich gegenteiliger Feststellungen – nicht zu berücksichtigen, da bisher keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass insoweit beim Erwerb der jeweiligen Wirtschaftsgüter der zulässige Betriebsausgabenabzug unterblieben sein könnte.
- Soweit die Modelleisenbahnen für die privat aufgebaute Sammlung angeschafft und diese Gegenstände -unter Heranziehung der Grundsätze zu den branchenüblichen Rechtsgeschäften – später dem Internet-Shop zuzurechnen sind, wären auch die durch die eBay-Verkäufe erzielten Umsätze gewerbliche Betriebseinnahmen gewesen. Allerdings müssten in diesem Fall gewinnmindernde Einlagewerte berücksichtigt werden, da die Modelleisenbahnen zunächst zum Privatvermögen gehört hätten.
- Soweit die Modelleisenbahnen zu keiner Zeit dem Betriebsvermögen des Gewerbebetriebs zuzuordnen gewesen sind, ist hieran die Frage anzuschließen, ob die eBay-Verkaufstätigkeit des Klägers für sich isoliert betrachtet als gewerblich anzusehen ist. Bejahendenfalls (so die Würdigung des FG) wären die privat erworbenen Modelleisenbahnen mit Aufnahme der Verkaufsaktivitäten ins Betriebsvermögen eingelegt worden. Wird dies verneint, so wäre die Verkaufstätigkeit über eBay ertragsteuerlich irrelevant.
Für die im zweiten Rechtsgang vorzunehmenden Feststellungen weist der BFH noch auf folgendes hin:
- Abgeleitet aus § 344 Abs. 1 HGB ergibt sich, dass branchenübliche Geschäfte regelmäßig im betrieblichen Bereich abgewickelt werden und dem Gewerbebetrieb zuzurechnen sind. Diese Vermutung ist widerlegt, wenn aufgrund objektiver Umstände die fehlende Betriebszugehörigkeit feststeht.
- Soll eine Tätigkeit gewerblich sein, so ist in Zweifelsfällen maßgebend, ob die Tätigkeit dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist. Es ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen. Die einzelnen Umstände sind zu gewichten und gegeneinander abzuwägen.
- Soweit die Modelleisenbahnen für den Aufbau einer privaten Sammlung angeschafft wurden, fehlt es an dem für einen Händler typischen Ankauf von Objekten in Wiederveräußerungsabsicht. Insbesondere die Verkaufstätigkeit des Klägers über eBay kann dann nicht allein deshalb der Tätigkeit eines Händlers entsprechen, weil dieser über einen längeren Zeitraum zahlreiche (Einzel-)Verkaufsgeschäfte getätigt hat. Vielmehr bedarf es weiterer Maßnahmen, die Waren (besonders) marktgängig zu machen.
Händlertypisches Verhalten ist entscheidend
Mit seinem Urteil vom 17.06.2020 verschafft der BFH erneut Einblick in seine Auffassung zur ertragsteuerlichen Behandlung von (zunächst) im Privatvermögen gehaltenen Wirtschaftsgütern über eine Internetplattform. Von Bedeutung ist die Feststellung des BFH, dass die Veräußerung einer privaten Sammlung en bloc oder in mehreren Einzelverkäufen der letzte Akt der privaten Vermögensverwaltung sein kann. Ein händlertypisches Verhalten liegt nicht vor, da es gerade an einem das Bild des handelnden Gewerbetreibenden prägenden Warenumschlags fehlt. Die Verwendung einer – auch von gewerblichen Händlern benutzten – Internetplattform allein reicht nicht aus. Denn eine solche ermöglicht es auch privaten Nutzern, auf einfache Weise private Gegenstände zu veräußern.
Für weitere Informationen zu diesem Urteil lesen Sie unsere NWB Online-Nachricht:
Einkommensteuer | Veräußerung privater Wirtschaftsgüter über eBay