Die Höhe des Beitrages zur Sozialversicherung ist für jeden Arbeitnehmer eigentlich einzeln zu ermitteln und die Entgeltunterlagen sind getrennt zu führen. Mitunter verstoßen Arbeitgeber jedoch gegen die Aufzeichnungspflichten, etwa weil sie davon ausgehen, dass eine bestimmte Leistung überhaupt nicht der Sozialversicherung unterliegt. Wird ein solcher Verstoß von den Prüfern der Sozialversicherung aufgedeckt und ist eine Zuordnung des – nun der Sozialversicherung unterliegenden – Vorteils nicht getrennt möglich, können die Beiträge „von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte“ geltend gemacht werden. Vielfach werden die zusätzlichen Arbeitsentgelte geschätzt und gegenüber dem Arbeitgeber mittels eines so genannten Summenbeitragsbescheides festgesetzt (§ 28 f SGB IV).
Die Frage war, ob die (Nach-)Entrichtung von Beiträgen zur Gesamtsozialversicherung an die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) aufgrund eines Summenbescheids nach § 28f Abs. 2 SGB IV zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führt. Der BFH hat dies in einem aktuellen Urteil verneint (BFH-Urteil vom15.6.2023, VI R 27/20).
Der Sachverhalt:
Der Arbeitgeber hatte seine Arbeitnehmer unter anderem zu einem „Get-Together“ im Rahmen einer Schulungsveranstaltung eingeladen und dabei eine Band engagiert. Diese Zuwendungen sind nach § 37b EStG pauschal besteuert worden und fälschlicherweise sozialversicherungsfrei belassen worden. Mit der DRV wurde später vereinbart, dass die Zuwendungen nicht den einzelnen Lohnkonten der Arbeitnehmer zugerechnet, sondern die Sozialversicherungsbeiträge über pauschalierte Summenbescheide erhoben werden. Das Finanzamt wiederum war der Meinung, dass die hierin – sozusagen fiktiv – enthaltenen Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung der Lohnsteuer zu unterwerfen sind. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg; die Revision des Finanzamts wurde zurückgewiesen. Die streitigen Zahlungen führten nicht zu Arbeitslohn.
Die Begründung:
Gemäß § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV kann der Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen (so genannter Summenbescheid), wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Dies gilt nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann.
Zweck der Regelung ist es, Einnahmeverluste der Sozialkassen infolge einer Aufzeichnungspflichtverletzung weitgehend zu vermeiden und zugleich auszuschließen, dass Arbeitgeber mittels einer Aufzeichnungspflichtverletzung Wettbewerbsvorteile erlangen könnte. Den Arbeitnehmern fließt durch den Summenbescheid aber kein Vorteil und mithin kein steuerpflichtiger Arbeitslohn zu, denn es handelt sich insoweit nicht um „fremdnützige“ Leistungen zugunsten der Arbeitnehmer, sondern um „systemnützige“ Zahlungen zum Vorteil der Sozialkassen.
Denkanstoß:
Wo kein (zurechenbarer) Vorteil, da kein Arbeitslohn. So einfach kann das Steuerrecht manchmal sein. Aber natürlich ging es im BFH-Urteilsfall um den Sonderfall des Summenbescheides. Werden Sozialversicherungsbeiträge für einen bestimmten Arbeitnehmer nachentrichtet, wäre die Lösung eine andere, denn über die Nachzahlung erhält der Mitarbeiter – zumindest dem Grundsatz nach – einen ihm zuzuordnenden beitragsrechtlichen Vorteil.