Nachtragsbericht – seit Ausbruch der Pandemie (k)ein Einzelfall mehr?

„Ereignisse nach dem Bilanzstichtag“ – damit ist der sog. Nachtragsbericht gemeint. Vor der Corona-Pandemie fand man unter diesem Abschnitt selten Informationen. Probleme bei der Finanzierung, die die Fortführung des Unternehmens gefährdeten, zählen beispielsweise dazu.

Doch seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 hat sich beim Nachtragsbericht in der Praxis viel getan, denn auch der Kriegsbeginn in der Ukraine im Februar 2022 führte bei vielen Unternehmen zu größeren negativen Ereignissen nach dem Bilanzstichtag. Unklarheiten bei der Fortführung des Russlands-Geschäftes, steigender Finanzierungsbedarf und eine bedrohliche Liquiditätslage…Beispiele gibt es für die Inhalte des Nachtragsberichtes inzwischen zahlreiche.

Doch was genau hat es mit dem Nachtragsbericht für den Jahresabschluss auf sich? Wird nur über negative Ereignisse berichtet? Betrachten wir das etwas genauer.

Ein Blick ins Gesetz

Die gesetzliche Regelung in § 285 Nr. 33 HGB fordert Anhangangaben über „Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluss des Geschäftsjahrs eingetreten und weder in der Gewinn- und Verlustrechnung noch in der Bilanz berücksichtigt sind“. Angegeben werden müssen dabei neben der Art auch die finanziellen Auswirkungen.

Was sind Vorgänge von besonderer Bedeutung? Dazu zählen nicht nur die eingangs genannten Beispiele wie Ausbruch der Pandemie und der Ukraine-Krieg, der für viele Unternehmen ein Ereignis von besonderer Bedeutung ist. Auch positive Ereignisse sind darunter zu verstehen. Dazu zählen beispielsweise Unternehmenskäufe und -verkäufe oder aber auch die Zusage von Großprojekten eines Kunden. Wichtig dabei: Für das Unternehmen sind diese Ereignisse von besonderer Bedeutung.

Die besondere Bedeutung lässt sich daher pauschal nicht an einem absoluten Betrag festmachen, sondern dies hängt immer von den Gegebenheiten im Unternehmen ab. Man kann zwischen zwei Kategorien unterscheiden: Unternehmensspezifische Ereignisse (z.B. Kapitalerhöhung, Suche nach neuer Anschlussfinanzierung) und externe Ereignisse, die viele Unternehmen treffen (Ukraine-Krieg, Pandemie) und nicht durch das Unternehmen beeinflusst werden können.

Der Nachtragsbericht wird übrigens nicht immer so bezeichnet. In manchen Abschlüssen wird die Bezeichnung „Ereignisse nach dem Bilanzstichtag“ verwendet

Beispiel Hugo Boss: Positive und negative Ereignisse nach dem Bilanzstichtag

Das Praxisbeispiel des Modekonzerns Hugo Boss zeigt deutlich, dass in einem Nachtragsbericht durchaus positive und negative Ereignisse gleichzeitig auftreten können.  Hier ein kleiner Auszug aus dem Geschäftsbericht 2021:

„Zum Zeitpunkt der Aufstellung dieses Berichts am 24. Februar 2022 war es dem Unternehmen nicht möglich mit hinreichender Sicherheit vorherzusagen, in welchem Umfang sich eine weitere Eskalation des Ukraine-Konflikts auf die globale Konjunktur und das Branchenwachstum im Geschäftsjahr 2022 auswirken wird. Auch wenn das globale Geschäft von HUGO BOSS zum Zeitpunkt der Aufstellung dieses Berichts nicht spürbar von den geopolitischen Spannungen beeinträchtigt war, so ist grundsätzlich nicht auszuschließen, dass sich eine weitere Eskalation des Konflikts wesentlich negativ auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von HUGO BOSS im Geschäftsjahr 2022 auswirkt.“

„Mit dem Ziel die Innovationskraft und Nachhaltigkeit seiner Marken weiter voranzutreiben, ist HUGO BOSS Anfang 2022 eine langfristige strategische Partnerschaft mit HeiQ AeoniQ LLC – einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft des Schweizer Innovationsunternehmens HeiQ Plc – eingegangen. Zentrales Element der Partnerschaft ist eine Kapitalbeteiligung von HUGO BOSS in Höhe von 5 Mio. USD – die erste Beteiligung dieser Art im Rahmen seiner Wachstumsstrategie „CLAIM 5“. Die Investition wird durch exklusive Partnerschaftsvereinbarungen in Höhe von bis zu 4 Mio. USD ergänzt, die an definierte Performance-Meilensteine gebunden sind. Im Mittelpunkt dieser Partnerschaft steht die Herstellung eines nachhaltigen, kreislauffähigen und recycelbaren Zellulosegarns, mit dem Ziel Kunstfasern, wie etwa Polyester und Nylon, zu ersetzen.“

Fazit

Bei der Analyse des Nachtragsberichtes kommt der Differenzierung der genannten Ereignisse seit Pandemie-Beginn eine immer größere Rolle zu. So können Unternehmen einige Ereignisse wie beispielsweise eine Kapitalerhöhung selbst beeinflussen, bei negativen Auswirkungen durch den Ukraine-Krieg sind sie zum Großteil machtlos und können nur reagieren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 6 = 2