Nachlassverbindlichkeiten: Wenn sich Geschwister nicht einigen können…

Nach § 10 Abs. 5 ErbStG sind Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen, wenn es um die Ermittlung der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage geht. Aber was sind eigentlich Nachlassverbindlichkeiten? Darüber gibt es immer wieder Streit mit dem Finanzamt, denn der Gesetzgeber differenziert zwischen „echten“ Nachlassverbindlichkeiten, Nachlassregelungskosten und Nachlassverwaltungskosten.

Über einen interessanten Fall hatte kürzlich das FG Köln zu entscheiden. Danach gilt: Rechtsberatungskosten im Zusammenhang mit der Erbauseinandersetzung und einem Teilungsversteigerungsverfahren sind als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG zu berücksichtigen sind (FG Köln, Urteil vom 9.2.2023, 7 K 1362/21).

Der Sachverhalt in Kurzform:

Der Kläger hat zusammen mit seinem Bruder einige Immobilien des Vaters geerbt. Da das persönliche Verhältnis der Brüder nach dem Tod des Vaters zerrüttet war, führten sie diverse Rechtsstreitigkeiten. Letztlich wurde die Erbengemeinschaft aufgelöst, indem die Immobilien zwangsversteigert wurden.

Für die Beratung und Begleitung während der Erbauseinandersetzung und in den Versteigerungsangelegenheiten beauftragte der Kläger eine Rechtsanwaltskanzlei. Die Honorare machte er als Nachlassverbindlichkeiten im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab.

Als Kosten zur Erlangung des Erbes würden diejenigen Kosten verstanden, die der Erbe aufwenden müsse, um rechtlich das Erbe antreten zu können (z.B. Erbenermittlungskosten, Prozess- oder Beratungskosten im Prozess gegen eine sich als vermeintlichen Erben gerierende Person). Aufwendungen, die auf einem eigenen Willensentschluss des Erben beruhen würden, seien hingegen keine Nachlassregelungskosten. Doch die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich.

Die Begründung des FG – ebenfalls in aller Kürze:

Unter „Verteilung des Nachlasses“ sind insbesondere die Aufwendungen für die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft gemäß § 2042 BGB zu verstehen. Im Streitfall befand sich die Erbengemeinschaft in der Phase der Erbauseinandersetzung, nachdem ein Miterbe die Auseinandersetzung verlangt und die Anträge auf Teilungsversteigerung der im Nachlass befindlichen Grundstücke gestellt hat. Die in der Folgezeit daraus resultierenden Kosten der Rechtsberatung und -vertretung stellen daher unmittelbare Kosten der Nachlassverteilung dar (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG). Dabei ist es unerheblich, dass der Kläger mit seinem Bruder zerstritten war und es wahrscheinlich aus diesem Grund zu den Teilungsversteigerungsverfahren und nicht zu einem freihändigen Verkauf der Grundstücke gekommen ist.

Denkanstoß:

Es wurde die Revision zugelassen, die bereits unter dem Az. II R 10/23 vorliegt. Erbschaftsteuerfestsetzungen sollten daher in ähnlichen Fällen offengehalten werden.

In dem Blog-Beitrag „Erbschaftsteuer: Sind Kosten für die Lagerung wertvoller Nachlassgegenstände abziehbar?“ hatte ich im Übrigen bereits darauf hingewiesen, dass das Thema „Nachlassverbindlichkeiten“ sehr komplex sein kann und auf den Erlass der Obersten Finanzbehörden der Länder vom 9.2.2022 (S 3810 BStBl 2022 I S. 224) hingewiesen. Der Erlass sollte eventuell zur Hand genommen werden.

Der Vollständigkeit halber: Im Urteilsfall ging es auch um Kosten für Rechtsstreitigkeiten zur Aufteilung der Mietkonten. Diese Aufwendungen sind nach Ansicht des FG Köln aber nicht abzugsfähige Nachlassverwaltungskosten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG.


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