Vor einigen Jahren nahm ich an einer Umsatzsteuer-Fortbildung teil, bei der der Referent den Unterschied zwischen einer Montage- und einer Werklieferung und die damit einhergehenden unterschiedlichen Folgen erläutert hatte. Ehrlich gesagt hatte ich damals den Eindruck, das sei etwas für Umsatzsteuer-Theoretiker, aber nichts für den Praktiker.
Doch es kam wie es kommen musste: Einige Zeit später durfte ich den ersten Fall eines Industrieanlagenbauers beurteilen. Und plötzlich schwirrten die Begriffe Montagelieferung, Werklieferung, Betriebsvorrichtung und Bauleistung im Raum herum und warteten darauf, dass sie steuerlich richtig zugeordnet werden.
Denn: Im Falle der Werklieferung, nicht aber im Falle der Montagelieferung, erfolgt eine Umkehr der Steuerschuld, wenn der Leistungserbringer seinen Sitz im Ausland hat (nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 UStG). Eine Umkehr der Steuerschuld ergibt sich zudem bei Bauleistungen. Eine solche liegt vor, wenn eine Anlage so fest in dem Gebäude oder Bauwerk installiert ist, dass sie nicht bewegt werden kann, ohne das Gebäude oder Bauwerk zu zerstören oder zu verändern. Dann bestimmt sich die Steuerschuld des Leistungsempfängers nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG.
Maßgebend für die Unterscheidung zwischen Montage- und einer Werklieferung ist insbesondere ein Urteil des BFH aus dem Jahre 2013: Werklieferungen liegen vor, wenn der Unternehmer dem Abnehmer nicht nur die Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft, sondern zusätzlich einen fremden Gegenstand be- oder verarbeitet. Nicht ausreichend für die Annahme einer Werklieferung ist demgegenüber die Be- oder Verarbeitung eigener Gegenstände des Leistenden (BFH-Urteil vom 22.8.2013, V R 37/10, BStBl 2014 II S. 128).
Und nach über sieben Jahren verfügt das BMF in Abschnitt 3.8 Abs. 1 UStAE: Eine Werklieferung liegt vor, wenn der Werkhersteller für das Werk einen fremden Gegenstand be- oder verarbeitet und dafür selbstbeschaffte Stoffe verwendet, die nicht nur Zutaten oder sonstige Nebensachen sind. Das heißt also zum Beispiel: Ein Messebauer, der die Materialien für den Messestand selbst produziert, erbringt eine Montagelieferung. Kauft er hingegen das Material, das er verarbeitet, so liegt eine Werklieferung vor.
Und um auf den Industrieanlagenbauer zurückzukommen: Er erbringt ebenfalls bei Verwendung von fremden Materialien eine Werklieferung. Allerdings wird es sich in vielen Fällen um eine Bauleistung handeln, da die Anlagen häufig fest mit dem Gebäude verbunden sind. Diese Sichtweise ist indes erst m Rahmen des Steueränderungsgesetzes 2015 gesetzlich verankert worden, denn der BFH hatte mit Urteil vom 28.8.2014 (V R 7/14, BStBl 2015 II S. 682) entschieden, dass Betriebsvorrichtungen keine Bauwerke sind und demzufolge insoweit keine Bauleistungen vorliegen (vgl. dazu Walkenhorst in Küffner, Zugmaier – NWB-Umsatzsteuer Kommentar Online, § 13b Leistungsempfänger als Steuerschuldner).
Bis hierhin alles klar? Dann darf sich der Praktiker daran erfreuen, dass die deutsche Sichtweise zwar die Gewissheit der EU-weit gleichen Grundsätze in sich trägt. Es handelt sich aber um eine Gewissheit, die trügen kann oder die man sich nach Möglichkeit durch einen Fachmann bestätigen lassen sollte, der sich mit dem Steuerrecht in dem anderen Staat befasst. Diesbezüglich sehr ist der Aufsatz von Langer in IWB 14/2020, Seite 587zu empfehlen.
Weitere Informationen:
BFH, Urteil v. 22.08.2013 – V R 37/10
BFH, Urteil v. 28.08.2014 – V R 7/14
Lesen Sie hierzu auch:
Langer, Grenzüberschreitende Lieferungen mit Installation – Deutschland und Frankreich beurteilen den gleichen Umsatz teilweise unterschiedlich, IWB 14/2020, S. 587 (für Abonnenten kostenfrei)