Jeden Morgen gehe ich auf dem Weg zur U-Bahn an einer mittelgroßen Baustelle vorbei. Gestern standen dann plötzlich zwei grün-weiße VW-Busse mit der Aufschrift „Zoll“, ein VW-Bus in Zivil und zwei Zivilfahrzeuge auf dem Parkplatz vor der Baustelle. Neben den Pkws stand eine Gruppe von mindestens sechs Zollbeamten – zum Teil (ähnlich wie ihre Fahrzeuge) in Zivil, zum Teil in Uniform. Das „Spektakel“ blieb auch den Bauarbeitern nicht verborgen. Sie drückten sich leicht verschüchtert vor ihren Containern herum, in denen sie sich umziehen. Auf ein geheimes Zeichen hin, „stürmten“ die Zollbeamten auf die Baustelle. Wie von meinen Kollegen Jörg Steinheimer, Eva Ratzesberger und mir u.a. in NWB-Rapid dargestellt, ist der Zoll befugt, die Einhaltung der Vorschriften des Mindestlohngesetzes (MiLoG) zu kontrollieren. Aber müssen sich Arbeitgeber wirklich alles gefallen lassen?Im Spiegel (Nr. 20/9.5.2015) beispielsweise berichtet eine Friseurmeisterin aus Haltern am See von ihren Erlebnissen mit dem Zoll. Eines schönen Montags seien zwei Zollbeamte in ihren Salon „geschneit“ und hätten ihre Mitarbeiterin vor der Kundschaft – die Pistolen gut sichtbar an der Hüfte – befragt, wieviel sie arbeite und ob sie denn auch den neuen gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 € brutto pro Stunde erhalte.
Das ist natürlich nicht so schön. Die Friseurmeisterin hätte sich gewünscht, dass die Befragung etwas diskreter – insbesondere nicht vor Kunden – ausgefallen wäre.
Im Übrigen habe sie ihre Aufzeichnungen hinsichtlich der Arbeitszeit, die sie auf Rat ihres Steuerberaters (ein weiser Rat!) für Stichproben immer im Geschäft bereit halte, vorlegen müssen. Ihre Aufzeichnungen seien sodann mit den Lohnabrechnungen ihres Personals verglichen worden.
Aber war das alles auch rechtens?
Gemäß § 15 MiLoG sind die §§ 2 bis 6, 14, 15, 20, 22 und 23 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) bei der Überprüfung hinsichtlich der Einhaltung des MiLoG mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der Zoll auch Einsicht in Arbeitsverträge und andere Geschäftsunterlagen nehmen darf, soweit diese geeignet sind, Auskunft über die Einhaltung des Mindestlohns zu erteilen. Arbeitgeber sind zudem grundsätzlich zur Mitwirkung verpflichtet.
Der Zoll selbst verkündet auf seiner Homepage (www.zoll.de), Arbeitgeber u.a. seien nach § 3 SchwarzArbG verpflichtet, Auskünfte zu erteilen, Unterlagen zur Einsichtsnahme vorzulegen und das Betreten der Geschäftsräume zu dulden.
Damit ist also schon einmal geklärt, dass im Fall der Friseurmeisterin aus Haltern die Zollbeamten berechtigt waren, die Geschäftsräume zu betreten und Einsicht in die entsprechenden Unterlagen zu nehmen.
Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG, der aufgrund § 15 MiLoG auch im Hinblick auf den Mindestlohn entsprechende Anwendung findet, darf der Zoll Arbeitnehmer auch befragen. Es steht aber nichts davon im Gesetz, dass die Befragung in den Geschäftsräumen stattzufinden hat. Muss der Arbeitgeber also die Befragung seiner Mitarbeiter in seinen Geschäftsräumen – eventuell sogar vor Kunden – einfach so hinnehmen?
Ein Blick ins Strafrecht hilft weiter. Bei der Durchsuchung von Geschäftsräumen aufgrund eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses durch Polizeibeamte ist der Tatverdächtige berechtigt, den Beamten die Vernehmung seiner Arbeitnehmer direkt vor Ort zu untersagen. Schließlich hat er immer noch das Hausrecht. Die Vernehmung muss dann auf der Poliziedienststelle durchgeührt werden.
Nichts anderes dürfte für Arbeitgeber bei einer Überprüfung durch den Zoll gelten. Die Arbeitnehmer dürfen ja gerne befragt werden, aber eben nicht vor Kunden in den Geschäftsräumen.
Arbeitgeber sollten folgende Checkliste im Kopf behalten, wenn sie „Besuch“ vom Zoll erhalten:
– Man sollte sich stets zunächst einmal die Ausweise zeigen lassen und sodann alle Namen der anwesenden Beamten notieren. Man weiß schließlich nie, ob man diese später noch gebrauchen kann.
– Ruhe bewahren! Besser ist es zu kooperieren. Denn je schneller die Beamten zufrieden gestellt werden, desto schneller „ziehen sie auch wieder von dannen“ und der Geschäftsbetrieb kann normal weiterlaufen.
– Arbeitsverträge, Stundenzettel, Lohnabrechnungen, u.ä. sollten bzw. müssen direkt im Betrieb bereit gehalten werden.
– Befragungen von Mitarbeitern vor Kunden und Geschäftspartnern sollten direkt von Anfang an untersagt werden. Entweder wird angeboten, die Befragung im Pausenraum druchzuführen, oder die Mitarbeiter müssen eben beim Zoll befragt werden.
– Sollte der Geschäftsführer selbst bei Überprüfung durch den Zoll nicht anwesend sein, sind die Mitarbeiter berechtigt, diesen zu kontaktieren und über die Überprüfung in Kenntnis zu setzen.
– Nach der Überprüfung kann der Arbeitgeber beim Zoll Einspruch gegen diese einlegen, sollte es einmal nicht mit rechten Dingen zugegangen sein.