Sie erinnern sich sicher: Vor etwas mehr als einem Jahr berichtete die Presse erstmals über den Millionendiebstahl bei Aurubis. Der Schaden? 169 Millionen Euro. Auf diese Summe bezifferte der Kupferhersteller den Fehlbestand an Metallen. Im Risikobericht informierte der Konzern über Risiken aus kriminellen Handlungen. Entscheidend ist aber der Zeitpunkt. Und der scheint mir etwas spät.
Ein Blick in den Risikobericht
Beginnen wir zuerst mit den Fakten: Im Risikobericht des Geschäftsberichtes 2022/2023 sind kriminelle Handlungen einer der wesentlichen Risiken des Konzerns. Dazu legt Aurubis die folgenden Informationen offen:
„Die gegen Aurubis gerichteten kriminellen Handlungen haben insbesondere aufgrund des hohen Grads an Organisation und krimineller Energie der Akteure gezeigt, dass wir aufgrund unserer exponierten Stellung im Edelmetallgeschäft das Ziel für (organisierte) Kriminalität mit potenziell signifikanten Vermögensschäden zum Nachteil von Aurubis sein können. Der Vorstand hat nach Bekanntwerden der gegen Aurubis gerichteten kriminellen Handlungen im Juni 2023 ein Projekt zur Förderung der Prozess und Werkssicherheit geschaffen sowie renommierte externe Berater zur Unterstützung bei der Aufklärung der Ereignisse hinzugezogen, welche insbesondere die Aufgabe übernommen haben, den Sachverhalt der gegen Aurubis gerichteten kriminellen Handlungen aufzuklären, der Gesellschaft über den Untersuchungsfortgang zu berichten und spezifische Handlungsempfehlungen für Weiterentwicklungsmaßnahmen auszusprechen.“
Aber Moment mal: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Geschäftsberichtes 2022/2023 hatte die Presse bereits über den Metalldiebstahl berichtet. Das ist richtig. Aber ich kann nur aus Geschäftsberichten zitieren, wenn die entsprechenden Informationen auch veröffentlicht werden. Im Geschäftsbericht 2021/2022 war das Risiko krimineller Handlungen noch nicht enthalten.
Eine kurze Einschätzung
Man fragt sich: Was nützt es, über ein bereits eingetretenes Risiko zu berichten? Gute Frage. Ich stelle sie mir auch gerade. Man stelle sich vor, ein insolventes Unternehmen berichtet über das Risiko einer Insolvenz oder einer drohenden Insolvenz. Irgendwie nicht wirklich zielführend, würde ich sagen.
Unternehmen sollten über relevante Risiken berichten, wenn sie existieren. Es ist schwer vorstellbar, dass bei Aurubis solche Risiken erst dann in das Risikomanagement integriert werden, wenn die Fehlbestände bekannt sind. Da könnte einem Angst und Bange werden. Denn schließlich soll das Risikomanagement dazu dienen, einen möglichen Schaden zu verhindern und nicht, ihn im Nachhinein erklären zu können.
Ob das Konsequenzen für den Vorstand hat? Da bin ich leider überfragt. Aber vielleicht liefert der nächste Geschäftsbericht, der im Dezember veröffentlicht wird, dazu mehr Klarheit.
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