Der Millionenverlust bei Aurubis durch Fehlbestände wirft ein Schlaglicht auf das Versagen von internen Kontrollmechanismen und die unzureichende Risikoberichterstattung des Unternehmens. Welche Fragen der Fall aufwirft, hatten wir uns im Oktober angeschaut. Nun liegt der erwartete Geschäftsbericht vor. Ein Blick hinein lohnt sich, denn der Schaden ist immens.
Was Aurubis zum Diebstahl berichtet
Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat gegen sechs Tatverdächtige, darunter einen ehemaligen Mitarbeiter, Anklage wegen Bandendiebstahls und gewerbsmäßiger Hehlerei erhoben. Die Taten ereigneten sich zwischen 2020 und 2021 und wurden 2023 bekannt. Fünf der Angeklagten wurden zu Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren verurteilt, ein weiterer erhielt eine Bewährungsstrafe. Parallel dazu wurden interne Ermittlungen zu kriminellen Handlungen im Recyclingbereich abgeschlossen und an das Landeskriminalamt übergeben. Der Abschluss der Ermittlungen steht noch aus.
Aurubis hat im vergangenen Jahr die Werks- und Prozesssicherheit durch verstärkte Überwachungsmaßnahmen, optimierte Abläufe und zusätzliche Zugangsbeschränkungen deutlich verbessert. Ein neues Projekt zur Erhöhung der Sicherheit wird fortgeführt, um Risiken frühzeitig zu erkennen und dauerhaft ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten. Der Schutz der Vermögenswerte sowie die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben für Aurubis weiterhin oberste Priorität.
Wie Aurubis den Fall aufgearbeitet hat
Zur Aufarbeitung des Diebstahls wurde im Aufsichtsrat ein Sonderausschuss Sicherheit eingerichtet. Darüber hinaus wurde ein Projekt zur Förderung der Prozess- und Anlagensicherheit ins Leben gerufen. Zur Aufklärung und Verbesserung der Sicherheitsmaßnahmen wurden externe Berater hinzugezogen. Wie viel Arbeit das bedeutete, zeigt die Zahl der Sitzungen des Sonderausschusses: Insgesamt waren es 19.
Wie konnte es zu dem Diebstahl kommen? Dieser Frage ging der Aufsichtsrat nach und gab ein Rechtsgutachten in Auftrag. Das Ergebnis? Es habe „u.a. zu gewissen Unzulänglichkeiten des Vorstands in Bezug auf das Erfordernis einer adäquaten Unternehmensorganisation zum Schutz vor Betrug und Diebstahl einschließlich einer insoweit unzureichenden Unternehmenskultur zu diesem Risikobereich gekommen“. Der Aufsichtsrat weist darauf hin, dass das Gutachten aber auch entlastende Aspekte für den Vorstand festgestellt hat.
Die Taten seien mit erheblicher krimineller Energie und einem hohen Organisationsgrad begangen worden. Was bedeutet das nun? Der Aufsichtsrat ist nicht verpflichtet, Schadensersatzansprüche gegen die Vorstandsmitglieder geltend zu machen. Er wird dies nach den Aussagen in seinem Bericht derzeit auch nicht tun und der Hauptversammlung im nächsten Jahr die Entlastung des Vorstands vorschlagen.
Hatte die Affäre keine Konsequenzen für den Vorstand? Doch. Die Vorstandsverträge wurden vorzeitig aufgelöst und die Geschäftsführung neu besetzt. Die drei ausgeschiedenen Vorstände tragen den besonderen Herausforderungen des vergangenen Geschäftsjahres Rechnung. Denn neben dem schweren Betrugs- und Diebstahlsfall im Werk Hamburg gab es auch Vorfälle im Bereich der Arbeitssicherheit.
Welcher Schaden entstanden ist
Neben dem direkten Schaden für das gestohlene Material belasten auch die damit verbundenen Aufklärungskosten den Konzern. Kosten für externe Berater bei der Aufarbeitung, höhere Kosten für die zahlreichen Sitzungen des eigens eingerichteten Sonderausschusses im Aufsichtsrat. Wie hoch sind die Kosten für die Aufklärung insgesamt? Darüber schweigt sich der Konzern bei der Erläuterung der finanziellen Auswirkungen (vgl. Geschäftsbericht 2023/2024, S. 141) der kriminellen Handlungen leider aus. Eine Frage, die man angesichts des Volumens als Investor auf der für Februar 2025 geplanten Hauptversammlung stellen sollte.
Auch beim Vergleich der Zahlen ist Vorsicht geboten: In der Tabelle mit den finanziellen Auswirkungen der kriminellen Handlungen sind die Beträge in Millionen angegeben, in der Gewinn- und Verlustrechnung in Tausend. Kurz gesagt: Die Vorräte mussten im Geschäftsjahr 2022/2023 um 169 Millionen Euro berichtigt werden, das Konzernergebnis im selben Geschäftsjahr betrug 141 Millionen Euro.
Fazit
Der Millionenschaden bei Aurubis hat nicht nur die Bilanz des Unternehmens stark belastet, sondern auch grundlegende Schwächen in den internen Kontrollmechanismen und der Unternehmenskultur aufgezeigt. Die umfangreichen Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und Prozessoptimierung zeigen, dass Aurubis aus den Vorfällen gelernt hat. Dennoch bleibt abzuwarten, inwiefern diese Veränderungen langfristig die Unternehmensführung stabilisieren und das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen können. Die Hauptversammlung 2025 könnte neue Einblicke in die finanziellen Auswirkungen und zukünftige Schritte des Unternehmens liefern.
Lesen Sie hierzu auch meinen Beitrag:
Millionenschaden bei Aurubis durch Fehlbestände: Warum der Risikobericht Fragen aufwirft
Weitere Informationen:
Aurubis Geschäftsbericht 2023/2024
Nach Millionendiebstahl: Aurubis-Vorstand muss gehen (finance-magazine.de)