Mietnachzahlung innerhalb der Schonfrist schützt nicht vor ordentlicher Kündigung

Wer innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB einen Mietrückstand ausgleicht, ist nicht vor einer auf den Mietrückstand gestützten ordentlichen Kündigung des Mietvertrages geschützt. Dies hat der BGH ganz aktuell bekräftigt (BGH v. 23.10.2024 – VIII ZR 177/23).

Sachverhalt im Streitfall

Die beklagte Mieterin, die seit 2006 Mieterin war, hatte die Mieten für die Monate Januar und Februar 2022 nicht gezahlt. Deshalb erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 14.3.2022 die fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs. Am 17.3.2022 glich die Beklagte den vorgenannten Mietrückstand vollständig aus. Das AG Kreuzberg (6.12.2022 – 13 C 261/22) hat der Räumungsklage aufgrund der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses stattgegeben, das LG Berlin (14.6.2023 – 66 S 302/22) hat im Berufungsverfahren die Räumungsklage hingegen abgewiesen. Mit der Revision wollte die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Räumungsurteils erreichen; dem hat der BGH jetzt entsprochen.

Entscheidung des BGH

Die Klägerin war nach Ansicht des BGH berechtigt, hilfsweise eine ordentliche Kündigung wegen Mietrückstands auszusprechen und darauf auch die Räumungsklage zu stützen. Ein innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB erfolgter Ausgleich des Mietrückstands beziehungsweise eine entsprechende Verpflichtung einer öffentlichen Stelle hat lediglich Folgen für die auf § 543 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 3 BGB gestützte fristlose, nicht jedoch für eine aufgrund desselben Mietrückstands hilfsweise auf § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB gestützte ordentliche Kündigung. So hatte der BGH bereits früher entschieden (BGH 13.10.2021 – VIII ZR 91/20; 5.10.2022 – VIII ZR 307/21). Der BGH weist hierbei darauf hin, dass diese (beschränkte) Wirkung des Nachholrechts des Mieters dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers entspricht, so dass der an Gesetz und Recht gebundene Richter (Art. 20 Abs. 3 GG) diese Entscheidung nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und durch eine richterliche Lösung ersetzen darf, die so im Gesetzgebungsverfahren (bisher) nicht erreichbar war.

Bedeutung für die Praxis

Zahlt ein Wohnungsmieter seine Miete wiederholt nicht oder verspätet, berechtigt dies den Vermieter zur Kündigung; er kann ggf. den Mieter auf Räumung und Rückgabe der Wohnung verklagen (§§ 546 Abs.1; 985 BGB). Der Mieter kann zwar die ausgebliebenen Mietzahlungen innerhalb einer Schonfrist nachzahlen, dies schützt ihn aber nur vor einer fristlosen Kündigung, nicht hingegen vor einer auf den Mietrückstand gestützten (hilfsweisen) ordentlichen Kündigung.

Das BGH-Urteil ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil er in derselben Rechtsfrage bereits zum dritten Mal anderslautende Entscheidungen des LG Berlin aufgehoben hat (LG Berlin 30.3.2020 – 66 S 293/19, aufgehoben durch BGH 13.10.2021- VIII ZR 91/20 und  LG Berlin 20.8.2021 – 66 S 98/20, unveröffentlicht, aufgehoben durch BGH 5.10.2022 – VIII ZR 307/21).

Dennoch wird das LG Berlin nicht müde, seiner Rechtsprechung eine andere Auslegung des Gesetzes zugrunde zu legen (LG Berlin 1.7.2022 – 66 S 200/21; 31.3.2023 – 66 S 149/22,). Das ist schon ein erstaunlicher Vorgang in der Rechtsprechung zum Kündigungsmietrecht. Zwar ist ein Instanzgericht mit Rücksicht auf die richterliche Unabhängigkeit (Art.97 GG) weisungsfrei und nur im konkreten Rechtsstreit an die Rechtsauffassung des BGH gebunden. Allerdings macht der BGH jetzt nochmals deutlich, dass weder jede parlamentarische Äußerung noch die Ablehnung von Gesetzesvorhaben für die Gesetzesauslegung und Anwendung Relevanz haben.

Das sollte nun auch das LG Berlin endlich akzeptieren, will es sich nicht der Lächerlichkeit preisgeben.

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