Die Erstellung eines Jahresabschlusses gehört zu den grundlegenden Pflichten von Kaufleuten und Handelsgesellschaften. Durch ihn wird die Vermögens-, Finanz und Ertragslage eines Unternehmens dokumentiert und dem (externen) Adressaten ermöglicht, sich ein Bild über die Lage des Unternehmens zu verschaffen. Bestimmte Unternehmen sind neben der Aufstellung des Jahresabschlusses auch zu dessen Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder zur Hinterlegung verpflichtet (§ 325 HGB).
Das Bundesamt für Justiz nimmt dabei die Aufgabe wahr, Ordnungsgelder gegen jene Unternehmen zu verhängen, die dieser Pflicht zur Offenlegung nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen. Laut eigener Aussage des Bundesamts hat sich die Offenlegungskultur in Deutschland dadurch bereits maßgeblich verbessert.
In einer aktuellen Pressemeldung konstatiert das Bundesamt für Justiz nunmehr, dass man in Abstimmung mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gegen solche Unternehmen, deren gesetzliche Frist zur Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen für das Geschäftsjahr mit dem Bilanzstichtag 31.12.2019 am 31.12.2020 endet, vor dem 01.03.2021 kein Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB einleiten werde. Damit sollen angesichts der andauernden COVID-19-Pandemie die Belange der Beteiligten angemessen berücksichtigt werden. Seitens des Bundesamtes für Justiz werde die Frist von 12 Monaten, welche sich aus § 325 Abs. 1a HGB ergibt, zwar formal nicht verlängert. Jedoch sollen Ordnungsgeldverfahren nach § 325 HGB nicht vor dem 01.03.2021 erfolgen.
Aufschiebung sollte nur im Notfall erfolgen
Das Aussetzen von Ordnungsgeldverfahren bei nicht firstgerechter Einreichung der Jahresabschlussunterlagen kann für vereinzelte Unternehmen eine Möglichkeit sein, zu überdenken, inwiefern die zeitpunktbezogene Darstellung zum 31.12.2019 bereits Corona-bedingte Einflüsse abzubilden hat oder nicht. Hier kann es z.B. zu Änderungen von Methoden im bisherigen Ansatz und in der bisherigen Bewertung kommen (vgl. dazu ausführlich Wengerofsky, StuB 2020, S. 371). Wichtig ist allerdings, dass (anders als bei Steuererklärungen) der Jahresabschluss eine Vielzahl von externen Adressaten hat. Die Aufschiebung einer Veröffentlichung ist geeignet, die Entscheidungen der Adressaten negativ zu beeinflussen. Ob Ordnungsgeld oder nicht, die entsprechenden Entscheidungsträger sollten daher eine Veröffentlichung nach Verstreichen der 1-Jahresfrist nur im Ausnahmefall vornehmen.
Weitere Informationen:
Lesen Sie hierzu auch meinen Beitrag: Corona-Krise: Praxisfragen für die Änderung von bisherigen Ansatz- und Bewertungsmethoden im Jahresabschluss 2019, StuB 2020, S. 371 (für Abonnenten kostenfrei)
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