Nach § 146b AO haben von einer Kassen-Nachschau betroffene Steuerpflichtige auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher sowie die für die Kassenführung erheblichen sonstigen Organisationsunterlagen vorzulegen. Die Vorschrift gilt ab dem 1. Januar 2018. Sie ist letztlich zurückzuführen auf das BFH-Urteil vom 25.03.2015 (X R 20/13, BStBl 2015 II S. 743). Hier hat der BFH entschieden, dass das Fehlen einer lückenlosen Dokumentation zur Kassenprogrammierung dem Fehlen von Tagesendsummenbons bei einer Registrierkasse bzw. dem Fehlen täglicher Protokolle über das Auszählen einer offenen Ladenkasse gleichstehe. Zudem seien die Betriebsanleitungen im Rahmen der Betriebsprüfung vorzulegen.
Für mich stellt sich die Frage, ob es straf- und haftungsrechtliche Probleme geben kann, wenn ein Steuerberater Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Jahresabschlüsse erstellt, obwohl er weiß, dass sein Mandant die Verfahrensdokumentation nicht erstellt hat. Muss er gar das Mandat niederlegen? Ehrlich gesagt kann ich aus heutiger Sicht auf diese Frage keine eindeutige Antwort geben. Bei umfassenden Beratungsaufträgen bzw. Erstellungsvermerken ist aber auf jeden Fall Vorsicht angebracht. Zur Erinnerung: Das Fehlen der Organisationsunterlagen steht dem Fehlen von Z-Bons gleich. Damit ist von vornherein ein Verstoß gegen die GoBD gegeben. Hat der Steuerberater also Kenntnis davon, dass ein Mandant sozusagen bereits im Vorfeld gegen die GoBD verstößt, kann er eigentlich „ruhigen Gewissens“ keinen Jahresabschluss erstellen, der anschließend GoBD-konform ist. Kommt es später zu Hinzuschätzungen, weil möglicherweise auch materielle Fehler festgestellt werden, die dann wiederum zu erheblichen Einkommen- und vor allem Umsatzsteuernachzahlungen führen, könnte eine Haftung des Steuerberaters zu bejahen sein.
Aus meiner Sicht sollte daher alsbald gehandelt werden. Das Thema „Verfahrensdokumentation“ darf zumindest bei dem Einsatz von Kassen nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden.
Sie halten das Ganze für abwegig? In der Finanzverwaltung gibt es bereits ernsthafte Diskussionen darüber, dass man sich die im Zuge der Kassen-Nachschauen festgesetzten Mehrsteuern von den steuerlichen Beratern „holt“, wenn die Steuerpflichtigen zahlungsunfähig sind.
Mandatsniederlegung bei fehlender Verfahrensdokumentation würde ich klar verneinen. Eine das gesamte Unternehmen umfassende Verfahrensdokumentation ist flächendeckend insbesondere bei Klein- und Kleinstunternehmen nicht durchsetzbar. Es handelt sich um eine WUNSCHvorstellung der VERWALTUNG.
Dass das Thema Kassenführung ein immer heißeres Eisen ist, ist klar. Ich habe als Berater eine Hinweispflicht, was zu beachten ist, keine Frage. Ich kann aber nicht laufend sicherstellen, dass der Mandant sich an die Aufbewahrungspflicht von Anleitungen und Änderungsprotokollen hält.
Ich würde als Berater auf jeden Fall sehr vorsichtig reagieren, wenn ich weiß, dass ein Mandant die Organisationsunterlagen im Zusammenhang mit der Kassenführung (Programmierprotokolle etc.) nicht vorlegen kann (oder will ?). Sie sind nicht nur nach dem Willen der Finanzverwaltung, sondern ebenso nach dem Willen des BFH und ab 1.1.2018 auch des Gesetzgebers verpflichtend. Die sich verschärfende Rechtsprechung zur Haftung der steuerlichen Berater spielt der Finanzverwaltung massiv in die Karten.