Lohnsteuerfrei arbeiten im Ausland? Gibt’s nicht!?

Es war ein beliebter Trick der vielen Grenzpendler und „Auslandsarbeiter“: Man schafft jenseits der Grenze, spart sich dort (teilweise) die Steuererklärung, und erklärt dem deutschen Finanzamt, dass es für die Besteuerung des Gehalts unzuständig sei. Mit dem am vergangenen Mittwoch veröffentlichen Urteil des Bundesfinanzhofs ist dem nun endgültig ein Riegel vorgeschoben. Theoretisch wenigstens.

Grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer aus Deutschland werden durch den Fiskus schon dadurch privilegiert, dass man auf die Besteuerung im Inland grundsätzlich verzichtet. Dies hat Deutschland in fast allen Abkommen mit anderen Staaten vereinbart (eine der wenigen Ausnahmen ist Norwegen). Voraussetzung für die steuerliche Freistellung ist lediglich, dass im Ausland – die in aller Regel geringere – Steuer tatsächlich entrichtet wird. Fairer Deal – sollte man meinen.

Doch dann häuften sich natürlich die Fälle, in denen die Betroffenen gar keine Steuern zahlen wollten: weder im Inland, noch im Ausland. Juristisch knifflig wurde es für den Fiskus dadurch, dass der Steuerverzicht im Staatenabkommen geregelt ist, die Nachweisanforderungen hingegen ausschließlich im nationalen Recht. Im Grunde ein Winkelzug dagegen vorzugehen, nur um eine wirtschaftlich völlig ungerechtfertigte Steuerbefreiung zu erreichen. Immerhin landete der Fall gleichwohl beim Bundesverfassungsgericht, um die Grundsatzfrage des Verhältnisses von Abkommens- und nationalem Recht zu klären. In zumindest bei formalrechtlicher Betrachtung beanstandungsfreier Weise räumten die Richter in Karlsruhe dabei dem nationalen Recht den Vorrang ein. Heißt: Steuerbefreiung im Inland nur gegen Besteuerungsnachweis im Ausland! Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom vergangenen Mittwoch (Veröffentlichung) ist nun ebenfalls geklärt, dass die Regelung für die Abkommen mit allen Staaten gilt, unabhängig davon, wann diese abgeschlossen wurden.

Soweit die Theorie. In der Praxis sieht das mitunter nämlich noch ganz anders aus. Da kommt es dann trotzdem vor, dass eine (beinah) vollständige Steuerbefreiung gewährt wird. In so einen Fall hatte ich kürzlich Einblick: Der Arbeitnehmer verbrachte ca. 25 % seiner Arbeitszeit in Polen, ansonsten in Deutschland. Arbeitsvertraglich war entsprechend geregelt, dass ¼ des Gehalts durch den Arbeitgeber in Polen versteuert wird. Für den Rest sei der Arbeitnehmer steuerlich in Deutschland verantwortlich. Trotzdem erklärte der Steuerberater den Arbeitslohn in Deutschland vollständig steuerfrei. Dann forderte das Finanzamt zwar die Steuerbescheinigung aus Polen an, stellte aber gleichwohl 100 % statt 25 % des Einkommens frei. Vielleicht lag es daran, dass die polnische Steuerbehörde die Angaben in Złoty bescheinigte und der Umrechnungskurs passenderweise bei 1:4 lag. Vielleicht war es dem Finanzbeamten schlicht egal. Im Ergebnis jedenfalls kein Einzelfall, wie man aus Beraterkreisen hört.

Theorie und Praxis fallen eben im Steuerrecht auch nur gelegentlich zusammen.

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3 Gedanken zu “Lohnsteuerfrei arbeiten im Ausland? Gibt’s nicht!?

  1. Die Erklärung des Stpfl dürfte unrichtig gewesen sein, ggf sogar eine Steuerhinterziehung, nachdem das Finanzamt die Angaben übernommen hat? Das Finanzamt muss nämlich der Erklärung nicht mit Argwohn gegenüber treten und kann von der Richtigkeit der Erklärung ausgehen.

  2. Sehe ich ebenso. Im konkreten Fall würde ich sogar behaupten, dass der steuerliche Berater Vorsatz an den Tag legte. Dennoch ist dem Finanzamt vorzuwerfen, dass es 20.000 € freistellt, obwohl nur 20.000 Złoty bescheinigt wurden. Das hätte m.E. auffallen können, vielleicht müssen.

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