Lehren aus Wirecard (Teil 4): Verbesserung der Corporate Governance für Unternehmen von öffentlichem Interesse

Reformvorschläge des IDW unter der Lupe

Bei den Meldungen in der Presse zum Bilanzskandal bei Wirecard stehen auch immer wieder die Wirtschaftsprüfer in der Kritik. Das IDW hat am 15. Juli 2020 eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie einige Vorschläge zur Weiterentwicklung der derzeitigen Regelungen macht. Ein wichtiger Hinweis erfolgt gleich zu Beginn: Bei der Weiterentwicklung der Regelungen sollte auf allem auch den zunehmend komplexen und digitalen Geschäftsmodellen Rechnung getragen werden.

Denn wie der aktuelle Fall zeigt, muss sicherlich an mehreren Stellen nachgebessert werden. Wie immer trifft zunehmende Regulierung alle. Doch schauen wir uns einige Vorschläge des IDW zur Verbesserung der Corporate Governance an.

Vorschläge des IDW

Eine gute Corporate Governance trägt sicherlich dazu bei, solche Bilanzskandale – wie wir ihn gerade erleben – zu vermeiden. In meiner Serie Bilanzskandale hatte ich bereits im April letzten Jahres darauf hingewiesen: Durch die Einrichtung eines Prüfungsausschusses kann der Aufsichtsrat versuchen, Bilanzmanipulationen entgegenzuwirken (Link zum Beitrag siehe unten). Wer allerdings der Financial Expert im Aufsichtsrat von Wirecard war, ist offenbar ein Geheimnis. In seiner Stellungnahme weist das IDW darauf hin, dass dieser nicht genannt wird.

Zur Verbesserung schlägt das IDW u.a. vor:

  1. Zur Verbesserung der Corporate Governance schlägt das IDW eine gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses für Unternehmen von öffentlichem Interesse vor. Dazu zählt auch die Offenlegung des Financial Expert.
  2. Die Offenlegung des Konzernabschlusses innerhalb von 90 Tagen soll gesetzlich angeordnet werden. Bisher ist dies lediglich eine Empfehlung.
  3. Die Einrichtung eines Compliance-Management-Systems soll als Pflicht des Vorstands gesetzlich vorgeschrieben werden. Außerdem soll dieses vom Aufsichtsrat geprüft werden und das Ergebnis seiner Prüfung veröffentlicht werden.

Börsenzulassung und Prüfungsausschuss

Abgesehen von den Vorschlägen des IDW stellt sich die Frage, ob für die Zulassung zur Börsennotierung die Regelungen auch überarbeitet werden müssen. Denn das Vertrauen in den deutschen Kapitalmarkt leidet unter solchen Fällen erheblich.

Auch wenn ich keine Expertin für die Regelungen zur Börsenzulassung bin: Die Regeln müssen hier sehr streng sein. Auch gibt es sicherlich andere Fälle, in denen ein Unternehmen ohne Vorlage eines Wertpapierprospektes zu einer Börsenzulassung kommen. Denn es gibt vermutlich noch andere Unternehmen à la Wirecard, die sich Regelungslücken suchen.

Sicherlich bedeuten die Vorschläge für Unternehmen zunehmende Regulierung: Die Einrichtung eines Prüfungsausschusses dürfte auch im Interesse des Unternehmens sein. Auch der Durchmarsch in die erste Börsenliga ohne einen Prüfungsausschuss ist ein Beispiel dafür, dass die Regulierung hinterherhinkt.

Die Kompetenzen der Aufsichtsratsmitglieder bei Neuwahlen rücken zunehmend in den Fokus der Betrachtung. Daher ist es für die Unternehmen sicherlich unproblematisch, den Financial Expert zu benennen.

Gesetzliche Frist für Offenlegung des Konzernabschlusses

Bei der gesetzlichen Verpflichtung zur Offenlegung folgender Hinweis: Der Geschäftsbericht 2017 wurde im letzten Jahr bei Wirecard Ende April veröffentlicht. Für ein angeblich so digital aufgestelltes Unternehmen doch recht spät. Hier stellt sich auch die Frage der DAX-Reife.

Als einzige Gefahr sehe ich hier jedoch den zeitlichen Druck für die Abschlussprüfer. Dies gilt insbesondere dann, wenn es bei der Durchführung der Abschlussprüfung irgendwelche Zeitverzögerungen gibt, die jedoch auf anderen Gründen als der verzögerten Vorlage von Unterlagen beruhen. Denn gerade der Druck auf die Abschlussprüfer ist dann noch größer als er vermutlich ohnehin schon ist. Da ich jedoch keine Wirtschaftsprüferin bin, sollten sich hier die Experten äußern und aus ihrer Prüfungspraxis berichten.

Einrichtung eines Compliance-Management-Systems

Dazu der Hinweis: Das interne Kontrollsystem bei Wirecard hat nicht versagt. Aus welchem Grund? Es hat keines gegeben. So die Information aus dem KPMG-Bericht vom 27. April 2020. Dies zeigt: Offenbar könne solche Skandale nur mit einer weiteren Regulierung verhindert werden.

Aus einer Meldung der FAZ vom 8. Mai 2020 geht hervor: Wirecard baut sein Compliance-Ressort auf. Etwas spät für ein DAX-Unternehmen. Hier stellt sich die Frage, warum dies erst so spät passiert ist. Doch gerade dann, wenn etwas verdeckt werden soll, sind Kritiker sehr ungern gesehen. Wie einige Beispiele zeigen, war dies auch bei Wirecard der Fall. Kritische Berichterstattungen in der Financial Times – die Journalisten wurden angegangen, nicht Wirecard. Wie war es bei der Hauptversammlung? Einen Ankeraktionär gab es nicht. Markus Braun hatte ein großes Aktienpaket „seines“ Unternehmens.

Der Vorschlag des IDW führt zwar zu einer weiteren Regulierung. Wenn ich mir jedoch den Causa Wirecard anschaue, wird klar: Auch ich sehe keine andere Möglichkeit. Schließlich können wir einen weiteren Skandal in diesem Ausmaß nicht gebrauchen. Denn in diesem Fall gilt nicht: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich recht ungeniert.

Im nächsten Teil der Lehren aus Wirecard lesen Sie mehr über die Vorschläge des IDW zur Weiterentwicklung der Abschlussprüfung.

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