Kündigung und Vollmacht

Bei einer juristischen Person (z. B. GmbH) ist das Vertretungsorgan kündigungsbefugt (bei der GmbH: der Geschäftsführer). Oft kündigt jedoch nicht der Kündigungsberechtigte, sondern jemand anderes. Das ist dann kein Problem, wenn die kündigende Person über eine entsprechende Vollmacht verfügt und die Befugnis entsprechend publik gemacht worden ist (z. B. Eintragung im Handelsregister beim Prokuristen) oder der Kündigung eine Originalvollmacht des Kündigungsberechtigten beigefügt ist.

Was den Ausspruch von Kündigungen angeht, sieht man als Fachanwalt so einiges. Ein paar Beispiele:

  • Formunwirksame Kündigungen per Mail (man sollte den § 623 BGB einmal genau lesen: er fordert für die Kündigung Schriftform, die elektronische Form ist ausgeschlossen, es nützt also auch die oft angezettelte Diskussion um die qualifizierte Signatur nach dem Signaturgesetz nichts),
  • Kündigungen, die „i. A.“ von subalternen Mitarbeitern unterzeichnet sind, oder
  • Kündigungen, die korrekt „i. V.“ unterzeichnet sind, denen aber keine Originalvollmacht beigefügt ist.

Lassen Sie uns sortieren:

1.

Der Geschäftsführer einer GmbH, der Vorstand einer AG, etc. ist Organ. Er ist de jure für die juristische Person vertretungsbefugt und aus Sicht des Arbeitgeberanwalts der ideale Unterzeichner für eine Gestaltungserklärung wie die Kündigung.

2.

Gleiches gilt für denjenigen Prokuristen, der über Einzelprokura verügt. Er zeichnet „ppa.“ und sollte diesen Zusatz tunlichst auch hinzufügen, da dieser den kaufmännischen Hinweis auf die erteilte Prokura beinhaltet, und ist im Handelsregister eingetragen. Aufgrund der Publizität des Handelsregisters, § 15 HGB, muss der Kündigungsempfänger die Vollmacht des Prokuristen, die sich ebenfalls de jure aus dem Gesetz, nämlich § 48 HGB, ergibt, gegen sich gelten lassen. Achtung: Die Zeichnung von allein einem Prokuristen, der lediglich Gesamtprokura hat, reicht nicht! Er muss zusammen mit einem anderen Prokuristen zeichnen, vgl. § 48 Abs. 2 HGB.

3.

Der Personalleiter eines Unternehmens hat klassischerweise Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) und kann Kündigungen „i. V.“ zeichnen. Oft hat er auch den Arbeitsvertrag unterschrieben und ist nach der „Rein-Raus-Theorie“ im Zweifel auch kündigungsbefugt. Als Arbeitgeberanwalt würde ich aber darauf achten, dass die Bevollmächtigung für Kündigungen im Betrieb betriebsüblich immer mal wieder bekannt gemacht wird, damit sich niemand darauf berufen kann, er habe die Kündigungsbefugnis des Personalleiters nicht gekannt. Möchte ein Geschäftsführer nicht ständig die Kündigungen seiner Arbeitnehmer unterschreiben müssen, dann wäre es wohl am sichersten, dem Personalleiter einfach zu diesem Zwecke Prokura zu erteilen.

Praxistipp: Zwar beinhaltet die Prokura nach § 49 Abs. 1 HGB die Ermächtigung zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt, mit Ausnahme von Grundstücksgeschäften, vgl. § 49 Abs. 2 HGB. Aber man kann die Prokura im Innenverhältnis beliebig eng beschränken. Damit sollte bei einem seriösen Prokuristen ausreichende Sicherheit von Seiten des Unternehmens bestehen. Wir vertrauen täglich auf unsere Mitarbeiter, warum nicht auch hier?

4.

Jede andere Person, die die Kündigung für die juristische Person erklärt, sollte zum einen „i. V.“ zeichnen, zum anderen dringend eine Originalvollmacht des Geschäftsführer beifügen. Keine Kopie! Denn nach § 174 BGB kann ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter erklärt, vom Erklärungsempfänger dann zurückgewiesen werden, wenn der Bevollmächtigte mit dem Geschäft keine Vollmachtsurkunde vorlegt. Diese Zurückweisung muss unverzüglich erklärt werden. Unverzüglich bedeutet nach der Rechtsprechung des BAG einen Zeitraum von maximal einer Woche.

Praxistipp: Problematisch ist diese Zurückweisung vor allem dann, wenn eine fristlose Kündigung erklärt wird, die wegen Ablaufs der Kündigungserklärungsfrist von zwei Wochen nach § 622 Abs. 2 BGB evtl. nicht mehr als außerordentliche erklärt werden kann, oder wenn die Kündigung derart „auf den letzten Drücker“ erfolgt, dass mit einer erneuten Kündigung erst der nächste Kündigungstermin erreicht werden kann (dies ist bei einer Anbindung an das Monatsende bereits der Fall, besonders ärgerlich allerdings bei der Anbindung an das Kalenderhalbjahr oder gar das Jahresende).

Achtung: Keine Heilung! Nachreichen kann man die Originalvollmacht nicht, sie muss bereits bei der Erklärung beigefügt sein.

Und glauben Sie mir: Jeder gute Arbeitnehmeranwalt schaut sich eine Kündigungserklärung zunächst einmal daraufhin an, ob er die Kündigung – natürlich seinerseits mit Originalvollmacht seines Mandanten, nicht etwa mit „anwaltlich beglaubigter Vollmachtskopie“, eine solche gibt es sowieso nicht  – zurückweisen kann. Habe ich ausnahmsweise einmal ein Arbeitnehmermandat, tue ich das auch.

Praxistipp: Personaldienstleister mit bundesweit verstreuten Niederlassungen und nur einem Geschäftsführer sorgen dafür, dass die Disponenten immer einen ausreichenden Vorrat an Originalvollmachten zwecks Kündigung des AÜ-Personals in der Schublade haben. Ist Ihnen die Bestellung eines Prokuristen – aus welchen Gründen auch immer – nicht feil, dann geben Sie doch wenigstens bei längerer geschäftlicher Abwesenheit einem Mitarbeiter Ihres Vertrauens eine, ggf. vom Zweck her bereits nur auf Kündigung von Arbeitnehmern beschränkte Originalvollmacht zur Verwahrung. Sie können diese gerne wieder zurückfordern, wenn Sie wieder da sind.

Mir ist es schon passiert, dass eine GmbH wegen gleichzeitiger Urlaubsabwesenheit des Geschäftsführers und des Prokuristen eine Kündigung nur mit dem Risiko der Zurückweisung erklären konnte.

Hinweise zur Schriftform und zur korrekten Betriebsratsanhörung erfolgen in einem meiner nächsten Blog-Beiträge.

 

3 Gedanken zu “Kündigung und Vollmacht

  1. Hallo zusammen,

    ist eine Kündigungsvollmacht immer auf eine einzelne Kündigung auszustellen oder kann diese Vollmacht auch für alle Kündigungen erfolgen?
    Wenn ja, wie hat diese auszusehen? Einfach: „Hiermit bevollmächtige ich Herrn/Frau…Arbeitsverhältnisse fristgerecht/fristlos zu kündigen“?

    • Hallo lieber Leser,
      da Sie die Vollmacht im Original an die Kündigung dranheften müssen, brauchen Sie für jede Kündigung eine gesonderte Originalvollmacht. Ja, der Text kommt hin: „Hiermit bevollmächtige ich Herrn/Frau … betreffend den/die Arbeitnehmer/-in … zum Ausspruch einer Kündigung (ordentlich/fristlos), Ort,Datum, Unterschrift GF“.

      Die Disponenten von Zeitarbeitsunternehmen haben davon immer einen Stapel blanko in der Schublade, d.h. vom GF unterschriebene Vollmachten, wo dann nur noch der Name des/der Betroffenen eingesetzt werden muss. Das macht auch Sinn. Bei größeren Zeitarbeitsunternehmen gibt es eine(n) Geschäftsführerin und viele lokale Niederlassungen.

  2. Ich beschäftige mich derzeit mit der Kündigung durch einen Prokuristen. Ich kenne mich in dieser Thematik nur wenig aus, sodass ich überrascht bin, dass auch abseits der Geschäftsführung Personen mit Vollmacht eine Kündigung aussprechen können. Ich erwäge derzeit die Bestellung des Prokuristen bzw. des Geschäftsführers durch meinen Notar anzuleiten.

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