Aufgrund des Mehrwertsteuer-Digitalpakets, welches Anfang Juli 2021 für Online-Händler viele umsatzsteuerrechtliche Neuerungen mit sich brachte, sind seitens der Finanzbehörden v.a. Onlinehändler in den Fokus gerückt. Schwierigkeiten scheinen dabei in der Zusammenarbeit zwischen den Händlern und Amazon aufzutreten. Der Bundesverband Onlinehandel e.V. startet zu diesem Zweck eine Umfrage.
Hintergrund
Mit dem Mehrwertsteuer-Digitalpaket sind seit dem 01.07.2021 grundlegende Neuerungen im Umsatzsteuerrecht statuiert. Das umfassende Paket, welches durch europarechtliche Vorgaben in Deutschland umgesetzt werden musste, hat so etwa die Ablösung der bisherigen Versandhandelsregelung und seiner jeweiligen nationalen Lieferschwellen durch eine neue Fernverkaufsregelung und eine EU-weit einheitliche Lieferschwelle vorgesehen. Gleichzeitig wurde das MOSS-Verfahren grundlegend neu geregelt und zum OSS-Verfahren ausgebaut. Für bestimmte Sachverhalte ist die Abführung von ausländischer Mehrwertsteuer daher zentral beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) möglich. Ebenso wurde die Behandlung von elektronischen Marktplätzen als unmittelbare Steuerschuldner verankert (s. hierzu auch mein Beitrag „Neue Haftungsvorgaben für Marktplatzbetreiber zum 01.07.2021: Das BMF-Schreiben vom 20.04.2021 (Teil I)“.
Starke Kritik an Amazon
Die Neuerungen, welche vor allem den Online-Handel betreffen und zu umfassenden Neugestaltungen in den jeweiligen (Steuer-)Systemen der Händler führen mussten, bergen auch einige Monate nach dem erstmaligen Umsetzungsdatum weiterhin Probleme. Besonders hart getroffen scheinen hier diejenigen Händler zu sein, die Waren über Amazon anbieten. Der Bundesverband Onlinehandel e.V. (BVOH) hat diesbezüglich zur Frage „Wie korrekt sind die Abrechnungen und der Steuer-Service von Amazon?“ eine Händler-Umfrage initiiert. Die Intention dabei ist, einen Überblick über die Betroffenheit der Online-Händler sowie deren Sensibilität für das Thema zu erhalten.
Die ersten Ergebnisse sollen bereits vorliegen. Sie zeigen, dass es sich bei den Schwierigkeiten nicht um Einzelfälle handele. Die Teilnahme an der Umfrage, welche 111 Fragen umfasst, nimmt etwa zehn Minuten in Anspruch und läuft noch bis zum 30.09.2021 unter https://www.surveymonkey.de/r/BVOH-IHK-Amazon-Abrechnungen.
Rechtskonformes Handeln?
Bereits im letzten Dezember stellten Händler, die über Amazon verkaufen, dem Onlinehandelsriesen laut einer Umfrage des Bundesverbands Onlinehandel (BVOH) ein miserables Zeugnis aus. Hier sagten 78 Prozent, dass die Partnerschaft schlecht bis bestenfalls schwierig sei. Lediglich 4 Prozent sprachen von einer guten bis sehr guten Partnerschaft. Zu den Kritikpunkten zählten Artikellöschungen, Gängelungen bei der Preisgestaltung, Vertriebsbeschränkungen und sogar Kontosperrungen. Der BVOH forderte Amazon daraufhin auf, die Beziehung zu den Händlern zu reformieren und transparenter zu kommunizieren.
Die neuen Vorwürfe lassen daher zumindest aufhorchen. Auch wenn die finalen Ergebnisse der neuen Umfrage letztlich aufgrund des – im Verhältnis zu der Gesamtzahl an Händlern, welche die Plattform nutzen – geringen Teilnehmerkreises nicht repräsentativ sein mögen, zeigen sie jedoch, dass die Vorwürfe keine Einzelfälle sind.
Problematisch ist dabei v.a., dass ohne eine richtige und nachvollziehbare Abrechnung die umsatzsteuerlichen Meldungen, die an Umfang seit 01.07.2021 zugenommen haben, nicht korrekt an die Finanzbehörden übermittelt werden können. Es bleibt zu hoffen, dass hier Amazon einlenkt und sich seiner Verantwortung bewusst ist bzw. wird.
Lieber Herr Dr. Wengerofsky,
ich stimme Ihnen in einem Punkt nicht zu. Die Rohdaten sind in der Regel schon korrekt. Hier hat Amazon in den letzten Jahren sehr viel dazugelernt. Ich habe dazu vor zwei Tagen auch mit dem DIHK gesprochen. Die Herausforderung für die Händler ist eher die Aufbereitung dieser Rohdaten.
Herzliche Grüße
Dr. Roger Gothmann