Krankenversicherung: Kostenerstattungsverfahren und Sonderausgabenabzug – keine gute Kombination

Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind unbegrenzt als Vorsorgeaufwendungen abziehbar. Gleiches gilt für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung, soweit es um die Beitragsanteile für eine Basisabsicherung geht. Aufwendungen für eine private Zusatzkrankenversicherungen sind nur im Rahmen von geringen Höchstbeträgen abziehbar – und die sind zumeist bereits durch andere Versicherungen „verbraucht“.

Das FG Nürnberg hat entschieden, dass auch bei Wahl des Kostenerstattungsverfahrens in der gesetzlichen Krankenversicherung Zusatzbeiträge nicht abzugsfähig sind, wenn der Höchstbetrag bereits anderweitig ausgeschöpft ist (FG Nürnberg, Urteil vom 20.7.2023, 8 K 431/22). Das Gericht hatte die Revision nicht zugelassen; der BFH hat die Nichtzulassungsbeschwerde nun zurückgewiesen (BFH-Beschluss vom 17.7.2024, X B 104/23).

Der Sachverhalt:

Der Kläger war freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert und hatte private Zusatzkrankenversicherungen (PKV) abgeschlossen. Letztere wirkten sich aufgrund der Ausschöpfung des Höchstbetrages steuerlich nicht aus. Der Kläger meinte aber, dass die Beiträge zur Zusatzversicherung anteilig neben den Beiträgen an die GKV zu berücksichtigen seien, denn er hätte an Stelle der Sach- und Dienstleistungen durchgehend das Verfahren der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V gewählt.

Um auf das gleiche Versicherungsniveau zu kommen wie ein im PKV-Basistarif Versicherter, müsse die GKV durch einen privaten Tarif ergänzt werden, der für das Kostenerstattungsverfahren die Lücke zwischen den Erstattungen der GKV und denjenigen einer PKV nach Basistarif schließe. Doch Finanzamt, FG und nun auch der BFH ließen sich nicht überzeugen.

Die Begründung:

Die maßgebende Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 1 EStG spricht von den zur Erlangung eines durch das SGB XII bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlichen Aufwendungen. Hieraus folgt, dass, wenn bereits eine Basisabsicherung in der GKV besteht, eine private Versicherung für die bereits abgesicherten Leistungen zur Erlangung des sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus nicht erforderlich ist.

Soweit die Kläger statt der regelmäßigen Sach- und Dienstleistungen (§ 2 Abs. 2 SGB V) die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V gewählt haben und gerade dadurch die von ihnen beschriebene Deckungslücke entstanden sein sollte, die sie wiederum durch den Abschluss privater Zusatzkrankenversicherungsverträge geschlossen haben, beruht dies auf ihrer freiwilligen Entscheidung für diesen Abrechnungsmodus. Die fehlende Inanspruchnahme der Sach- und Dienstleistungen ändert aber nichts daran, dass diese bereits ein sozialhilfegleiches Versorgungsniveau gewährleisten. Weitere Beiträge für zusätzliche Versicherungen begründen insoweit eine doppelte Absicherung und sind nicht mehr im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 1 EStG „erforderlich“.

Der BFH hält eine weitere Klärung nicht für erforderlich und schließt sich argumentativ den Ausführungen des FG an.

Denkanstoß:

Den Ausführungen des FG und des BFH ist sicherlich zuzustimmen – soweit es um den Wortlaut des Gesetzes geht. Wovon sich die Gerichte aber immer mehr entfernen ist die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Besser gesagt thematisieren sie das nicht mehr.

Etwas plakativ ausgedrückt lässt sich dem Urteil des FG und dem Beschluss des BFH entnehmen, dass der Gesetzgeber lediglich das steuerliche Existenzminimum unangetastet lassen muss und bis zu diesem geringen Betrag letztlich alles besteuern darf – unerheblich, ob dadurch die Leistungsfähigkeit in einem Maße gemindert wird, dass sich (Mehr-)Arbeit nicht mehr lohnt. Die Zeiten eines Professors Paul Kirchhof, der immerhin den Mut hatte, den so genannten Halbteilungsgrundsatz aufzustellen (auch wenn er damit gescheitert ist), sind wohl ein für alle Mal vorbei. Leider.

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