Viele Bundesbürger haben in den letzten Jahren Patenschaften für Kriegsflüchtlinge – insbesondere im Rahmen des Familiennachzugs – übernommen und sind Bürgschaften für deren Kosten in Deutschland eingegangen. Im Jahre 2015 hatte das BMF bekannt gegeben, dass rückwirkend ab dem 1.1.2013 Aufwendungen für den Unterhalt von Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Aufenthaltsgesetz steuermindernd als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG abziehbar sind: „Aufwendungen für den Unterhalt von Personen, die eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis nach § 23 AufenthG haben, können – unabhängig von einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung – nach § 33a Absatz 1 Satz 3 EStG berücksichtigt werden. Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abgegeben hat und sämtliche Kosten zur Bestreitung des Unterhalts übernimmt. Die Gewährung von Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) ist unschädlich. Werden Kosten durch einen Dritten (z. B. Verein) ersetzt, ist dies mindernd zu berücksichtigen.“ (BMF-Schreiben vom 27.5.2015, BStBl. 2015 I S. 474).
Jüngst hat das FG Köln in diesem Zusammenhang entschieden, dass Aufwendungen für den Unterhalt der Schwester und deren Familie aus dem Kriegsland Ukraine, für die der Steuerzahler eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abgegeben hatte, als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art nach § 33 EStG – unter Anrechnung einer zumutbaren Belastung, aber ohne Begrenzung auf einen Höchstbetrag – absetzbar sind (FG Köln vom 9.4.2019, 15 K 2965/16).
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine deutsche Staatsbürgerin nahm ihre Schwester aus der Ukraine sowie deren Ehemann und Tochter in ihren Haushalt auf. Sie stellte ihr Wohnräume zur Verfügung und übernahm die Aufwendungen für Lebensmittel, Versicherungen, Rechtsanwalt (wegen Aufenthaltstitel) und Sprachkurs, ferner die Kosten für die Krankenversicherung. Die aufgenommenen Personen erhielten 2014 den Status „Aussetzung der Abschiebung“ (= Duldung). In der Steuererklärung machte die Klägerin einen Betrag von 15.800 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt berücksichtigt die Kosten nicht nach § 33a EStG, weil keine gesetzliche Unterhaltspflicht vorliege.
Das FG hingegen erkannte die Unterhaltsaufwendungen in einer Höhe von 5.000 EUR als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG an. Denn die Aufwendungen seien der Klägerin aus sittlichen Gründen zwangsläufig entstanden. Im Verhältnis zwischen Geschwistern könne eine sittliche Verpflichtung angenommen werden, wenn es sich darum handelt, dem Familienangehörigen in einer akuten Notlage zu helfen. Hier liege eine moralische, unabwendbare Verpflichtung gemäß § 33 EStG vor, weil die sich die Ukraine 2014 im Kriegszustand befand. Die Richter haben „keine Zweifel daran, dass die Schwester und ihre Familie angesichts der Entwicklung in der Ukraine im Sommer 2014 begründete Furcht um Leib und Leben bei Rückkehr in die Ukraine hatten. Klar ist auch, dass die Klägerin sich als ältere Schwester moralisch verpflichtet sah, ihre jüngere Schwester mit Ehemann und Kind bei sich aufzunehmen und zu unterhalten.“
Hinweis
Die Revision ist beim BFH unter dem Aktenzeichen VIII R 40/19 anhängig, so dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
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