Kosten für das Erststudium und der Dschungel „Verfahrensrecht“

Viele –­ aktuelle und ehemalige – Studenten haben in den vergangenen Jahren Steuererklärungen abgegeben, um die Kosten des Erststudiums abziehen zu können. Zeitgleich – oder später – haben sie einen Antrag auf Feststellung eines Verlustes gestellt. Die Verluste sind bislang natürlich nicht anerkannt worden, so dass abschlägige Steuerbescheide ergangen und die Feststellung von Verlusten abgelehnt worden ist.

Nun stellt sich die Frage, welches im Anschluss an diese Verwaltungsakte das richtige Rechtsmittel ist. Um ehrlich zu sein: Ich weiß es nicht. Und wenn ich die Literatur zu dem Thema lese:

a) Das Thema ist äußerst kompliziert.
b) So richtig sicher ist sich offenbar niemand.

Wo liegt das Problem?
Es liegt unter anderem an dem Urteil des FG Baden-Württemberg  vom 17.1.2017 (11 K 1669/13; Rev. unter BFH IX R 15/17), in dem es heißt: „Mit der Regelung des § 10d Abs. 4 S. 4 EStG 2010 wird eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den Einkommensteuerbescheid erreicht, obwohl der Einkommensteuerbescheid kein Grundlagenbescheid ist.“

Hinzuweisen ist zudem auf ein Urteil des FG Köln vom 18.1.2017 (9 K 267/14, Revision unter BFH X R 9/17). In dem Urteil heißt es: „Auch ein auf 0 € lautender Einkommensteuerbescheid des Verlustentstehungsjahrs entfaltet eine inhaltliche Bindungswirkung für den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags ….“. Und von Interesse ist zudem das Urteil des FG Köln vom  (10 K 2574/15; Rev. unter I R 25/16).

Obwohl drei Revisionen anhängig sind und niemand weiß, wie der BFH entscheiden wird, scheinen sich Teile der Finanzverwaltung indes sehr sicher zu sein. Steuerberater werden aufgefordert, ihre Einsprüche gegen die Ablehnung der Erteilung von Verlustfeststellungsbescheiden (bzw. die Anträge auf Erteilung von Verlustfeststellungsbescheiden) zurückzunehmen. Einsprüche gegen die ablehnenden Einkommensteuerbescheide würden ausreichen, denn diese würden später den Erlass von entsprechenden Verlustfeststellungsbescheiden ermöglichen (obwohl der Einkommensteuerbescheid kein Grundlagenbescheid ist, wie das FG Baden-Württemberg entschieden hat!).

Ich selbst bin mir da überhaupt nicht sicher. Die Finanzbeamten mögen es mir verzeihen, aber im Interesse des größtmöglichen Rechtsschutzes würde ich gegen alle Bescheide Rechtsmittel einlegen und Einsprüche nicht zurückziehen. Zunächst sollten die BFH-Entscheidungen abgewartet werden.

Wie sind Ihre Erfahrungen? Welche Auffassung vertreten Sie? Über einen Austausch würde ich mich sehr freuen.

Weitere Informationen:

Brühl/Weiss, „Zum Eintritt in den Anwendungsbereich von § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG 2010“, NWB Nr. 43 vom 23.10.2017 Seite 3270 (kostenpflichtig)

OFD Frankfurt/M. v. 04.04.2017, S 2225 A – 009 – St 213

FG Baden-Württemberg v. 17.01.2017 – 11 K 1669/13
Rev. unter BFH IX R 15/17 (per 06.11.2017)

FG Köln v. 18.01.2017 – 9 K 267/14
Rev. unter BFH X R 9/17 (per 06.11.2017)

FG Köln v. 16.02.2016 – 10 K 2574/15
Rev. unter I R 25/16 (per 06.11.2017)

 

 

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