Kosten einer Strafverteidigung sind nur selten abzugsfähig – und zwar selbst dann nicht, wenn es einen „mittelbaren“ Bezug zum Beruf gibt. Ein Veranlassungszusammenhang zwischen einem Strafverfahren und der beruflichen Tätigkeit besteht nur dann, wenn dem Steuerpflichtigen eine Tat zur Last gelegt wird, die er in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen hat.
Lediglich in diesem Ausnahmefall können die Kosten der Strafverteidigung als Werbungskosten abziehbar sein. Eine erwerbsbezogene Veranlassung wird aber wiederum aufgehoben, wenn ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst, also vorsätzlich schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat, wenn also das Verhalten des Arbeitnehmers von privaten Gründen getragen wurde (vgl. BFH-Beschluss vom 17.8.2011, VI R 75/10). Letztlich ist die Rechtsprechung des BFH diesbezüglich sehr restriktiv.
Diejenigen, die sich mit dem (unbegründeten) Vorwurf einer Straftat konfrontiert sehen, sollten nun aber ein aktuelles Urteil des FG Düsseldorf studieren, mit dem die Kosten einer Strafverteidigung zum Abzug als Werbungskosten zugelassen wurden (Urteil vom 22.3.2024, 3 K 2389/21 E).
Der Sachverhalt:
Ich erlaube mir, aus dem Newsletter Mai 2024 des FG Düsseldorf zurückzugreifen: Der Kläger war in mehreren leitenden Funktionen als Geschäftsführer und Chefsyndikus bei Gesellschaften des X-Konzerns tätig. 2012 erstattete die X-AG Strafanzeige gegen ihn und andere Führungspersonen wegen des Verdachts, sich an für den Konzern nachteiligen Geschäften beteiligt und Bestechungsgelder angenommen zu haben. Daraufhin ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen den Kläger wegen des Verdachts der Untreue und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr. Die Ermittlungsverfahren wurden 2019 mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Für seine Strafverteidigung wandte der Kläger im Streitjahr 67.176 Euro auf.
Das Finanzamt verweigerte den Werbungskostenabzug der Strafverteidigungskosten mit der Begründung, dass ein beruflicher Veranlassungszusammenhang fehle, weil die nichtselbständige Tätigkeit des Klägers lediglich die Gelegenheit zur Tatausführung gegeben hätte.
Im Rahmen des dagegen gerichteten Klageverfahrens argumentierte der Kläger, dass die Strafverteidigungskosten als Werbungskosten abziehbar seien, weil ihm die Straftaten nicht nur bei Gelegenheit, sondern gerade in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeiten als Geschäftsführer und Chefsyndikus im X-Konzern vorgeworfen worden seien. Das FG Düsseldorf gab der Klage statt.
Die Begründung:
Der berufliche Veranlassungszusammenhang werde nicht durch außerhalb der Erwerbssphäre liegende Veranlassungsgründe überlagert. Dass Auslöser der strafrechtlichen Vorwürfe vom Kläger begangene Taten waren, die nicht im Rahmen seiner beruflichen Aufgabenerfüllung lagen oder mit denen er – so der Vorwurf der Anzeigenerstatterin – seine Arbeitgeberin schädigen und sich bereichern wollte, könne nicht festgestellt werden. Allein der diesbezüglich von der Anzeigenerstatterin erhobene Vorwurf reiche für die Annahme einer privaten Mitveranlassung der Strafverteidigungskosten nicht aus.
Denkanstoß:
Das Urteil ist für Angestellte, denen unzutreffenderweise ein Vergehen zur Last gelegt wird, hilfreich. Es wäre auch nicht verständlich, wenn die Kosten nicht abziehbar wären. Im möchte im Übrigen auf meinen Blog-Beitrag „Aufwendungen im Zusammenhang mit Disziplinarverfahren sind Werbungskosten“ verweisen. Der BFH hat entschieden: Rechtsverfolgungskosten eines Berufssoldaten für ein gegen ihn geführtes Wehrdisziplinarverfahren sind als Werbungskosten abzugsfähig, auch wenn das Verfahren wegen eines strafbaren Kommentars in den sozialen Medien eingeleitet wurde (BFH-Beschluss vom 10.1.2024, VI R 16/21). Der Abziehbarkeit der Rechtsverteidigungskosten für das Wehrdisziplinarverfahren stehe es nicht entgegen, wenn die Dienstpflichtverletzungen teilweise Gegenstand eines Strafverfahrens gewesen sind. Es bleibt aber dabei, dass die für das Strafverfahren aufgewandten Rechtsverteidigungskosten nicht als Werbungskosten abziehbar sind.