Das Problem der Besteuerung digitaler Geschäftsaktivitäten wird bereits seit längerem auf OECD-Ebene mit verschiedenen Lösungsmodellen diskutiert. Bis Ende 2020 soll nun einvernehmlich ein weltweites Besteuerungsmodell verabschiedet werden. Jetzt rückt eine OECD-Lösung endlich in greifbare Nähe.
Hintergrund
Ich hatte bereits berichtet: Weltweit tätige Internetkonzerne wie Google, Amazon, Facebook oder Apple erzielen mit ihren weltweiten digitalen Aktivitäten gewaltige Umsatzerlöse, zahlen dafür dank geschickter Gewinnverlagerungen in Niedrigsteuerländer, in denen die Umsätze nicht generiert wurden, minimale Steuern. Auf EU-Ebene war bislang keine einheitliche Lösung umsetzbar, die für alle EU-Staaten in gleicher Weise gelten müsste. Die 137 OECD-Staaten ringen ebenfalls seit Jahren erfolglos um ein gemeinsames weltweites Besteuerungssystem für digitale Geschäftsmodelle.
Wo gibts bereits die Digitalsteuer?
Nachdem eine EU-weite Lösung zur Einführung einer Digitalsteuer mehrfach am Einstimmigkeitsprinzip (Art. 110 ff. AEVO) gescheitert ist, sind einzelne EU-Staaten mit nationalstaatlichen Lösungen vorgeprescht:
Frankreich:
Hat 11.7.2019 rückwirkend zum 1.1.2019 eine Digitalsteuer auf Online-Werbeerlöse eingeführt. Der Steuer unterliegen alle weltweit tätigen Konzerne, die mit ihren digitalen Aktivitäten einen Gesamtjahresumsatz von mindestens 750 Mio. Euro und in Frankreich von mehr als 25 Mio. Euro erzielen. Damit zielt die Steuer vor allem auf Konzerne wie Facebook, Apple & Co ab. Nach Berechnungen des französischen Finanzministeriums sind ca. 30 (vorwiegend US-) Konzerne betroffen. Erfasst werden Onlinewerbeerlöse, der Verkauf von Nutzerdaten und die Verwendung von Nutzerdaten, mit denen Dritte in eine Geschäftsbeziehung gebracht werden, der Steuersatz beträgt 3 Prozent der Digitalumsätze.
Österreich:
Dort wird eine Umsatzsteuerpflicht für digitale Händlerplattformen eingeführt, Internet-Unternehmen mit einem weltweiten Umsatz von mehr als 750 Mio. Euro sollen in Österreich künftig fünf Prozent Steuern auf online erzielten Werbegewinn zahlen. Spanien, Italien und das Vereinigte Königreich haben bereits ähnliche Regelungen avisiert.
Deutschland:
Im Inland gab es Überlegungen, Onlinemarketing unter Einschaltung ausländischer Unternehmen nicht mehr als Dienstleistung, sondern als „Nutzungsüberlassung von Rechten und ähnlichen Erfahrungen“ i.S.v. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu deklarieren.
Die Konsequenz: Einkünfte daraus wären dann mit einem Steuersatz von rund 15 Prozent quellensteuerpflichtig i.S. des § 50a EStG gewesen. Das hätte die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen stark eingeschränkt, deshalb haben die Wirtschaftsverbände eindringlich vor derartigen Überlegungen gewarnt.
Mit Erfolg: Denn das BMF hat im April 2019 klargestellt, dass Vergütungen, die ausländische Plattformbetreiber und Internetdienstleister für die Platzierung oder Vermittlung von elektronischer Werbung auf Internetseiten erhalten, nicht dem Steuerabzug nach § 50a EStG unterliegen. Auf Online-Werbeaufwendungen ist also in Deutschland kein Quellensteuereinbehalt zu erheben (BMF v. 3.4.2019 – IV C 5 – S 2411/11/10002).
Gelingt der OECD-Durchbruch?
137 Länder arbeiten unter dem Dach der OECD inzwischen mit Hochdruck an einer globalen Mindeststeuer für Konzerne sowie einer neuen Form der Besteuerung von Internetfirmen, die dank geschickter Gewinnverlagerungen in vielen Fällen vergleichsweise geringe Steuern zahlen. Hierauf verständigten sich die OECD-Staaten am Rande des Wirtschaftsgipfels in Davos Ende Januar 2020. Bis Juli 2020 sollen die Verhandlungen geführt und in der zweiten Jahreshälfte umgesetzt werden. Neben einer weltweiten Mindestbesteuerung wären dann ab 2021 auch der Weg für eine weltweite Digitalsteuer frei. Das wäre sehr zu begrüßen, vor allem weil mit einer konsensualen Lösung einem Steuerwettlauf nach unten undramatisch der Entstehung neuer Steueroasen weltweit entgegengewirkt wird.
Warten wir also gespannt den weiteren Jahresverlauf ab!
Weitere Informationen:
Rat der Europäischen Union v. 28.10.2019 – Besteuerung der digitalen Wirtschaft
Lesen Sie hierzu auch meine Beiträge hier im NWB Experten-Blog: