Die Kleinunternehmerregelung ist eine deutliche Vereinfachungsregelung. Sie kann für den Unternehmer auch ein Wettbewerbsvorteil sein, wenn seine Leistungsempfänger regelmäßig nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Umso schöner, könnte man doch die Umsätze beliebig auf verschiedene Unternehmen aufteilen, um gleich mehrfach zu profitieren. Aber hier helfen auch keine guten Worte, wie der BFH in einem weiteren Urteil klarstellte.
Der Urteilsfall
Die Klägerin ist freie Theologin und als Rednerin auf Hochzeiten, Taufen und Trauerfeiern tätig. In 2006 gründete sie mit ihrem Ehemann eine GbR, deren Zweck in der Durchführung von Hochzeitszeremonien und Trauerfeierlichkeiten war. Alleinige Geschäftsführerin und Vertretungsberechtigte war die Klägerin. Die Gewinne bzw. Verluste der GbR entfielen zu 95 % auf die Klägerin und zu 5 % auf ihren Ehemann. Im Regelfall sollte die Klägerin die Termine wahrnehmen; ihr Ehemann war vertraglich im Wesentlichen für die Kontaktpflege, die Terminakquise, das „Backoffice“ verantwortlich. Für das Halten von Reden sollte er hiernach nur ausnahmsweise zuständig sein.
In der Praxis entschied die Klägerin in der Regel allein, ob sie den Auftrag für ihr Einzelunternehmen oder für die GbR durchführte und abrechnete. Die Zuordnung der von der Klägerin in eigener Person erbrachten Umsätze zur GbR bzw. zu dem Einzelunternehmen der Klägerin erfolgte mit dem Ziel, die Umsatzgrenzen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG alternierend bei einem der Unternehmen einzuhalten.
Das Finanzamt und auch das Finanzgericht vertraten die Auffassung, dass in diesem Fall ein Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO vorliegt. Sämtliche Umsätze wurden dem Einzelunternehmen der Klägerin zugerechnet, was im Ergebnis dazu führte, dass in keinem der Streitjahre die Umsatzgrenzen des § 19 UStG unterschritten wurden.
Das Urteil des BFH
Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Das Urteil der Vorinstanz wurde allerdings dennoch vom BFH aufgehoben, jedoch aus anderen Gründen.
Nach dem Urteil des BFH vom 11.07.2018 (XI R 36/17) war auch in diesem Fall § 42 AO nicht einschlägig. Allerdings sah das Gericht auch hier in dem Vorgehen der Klägerin eine zweckwidrige Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung. Werden Umsätze planmäßig aufgespalten und künstlich zwischen Unternehmen mit dem Ziel verlagert, die Kleinunternehmergrenze jeweils nicht zu überschreiten, liegt eine zweckwidrige Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung vor, die zu ihrer Versagung beim leistenden Unternehmer führt. Eine Zurechnung der Umsätze an einen Dritten scheidet grundsätzlich aus, so der BFH in seinem Urteil.
Der Senat hielt zudem fest, dass die Umsätze eines Tauf-, Trauer- und Hochzeitredners nicht dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG unterliegen, wenn die vorgelegten Texte, anlassbezogen, nach gleichem Muster aufgebaut sind, teilweise wörtliche Übereinstimmungen aufweisen und der individuelle Bezug sich lediglich aus den dem Redner mitgeteilten Informationen über den Verstorbenen, das Brautpaar oder den Täufling und seine Eltern ergibt.
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG ist der ermäßigte Steuersatz für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler anzuwenden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt das Wesen einer künstlerischen Tätigkeit in der freien schöpferischen Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Die künstlerische Leistung wird danach geprägt von einer eigenschöpferischen Leistung des Künstlers, in der seine besondere Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt. Gegen eine künstlerische Tätigkeit spricht daher bei einer Redetätigkeit, wenn sie sich im Wesentlichen auf eine schablonenartige Wiederholung anhand eines Redegerüstes beschränkt.
Fazit
Die Aufspaltung und Verteilung von Umsätzen auf mehrere Unternehmen zur mehrfachen Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung stellt eine zweckwidrige Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung vor, die zu ihrer Versagung führt.
Die Entscheidung ergeht somit im Einklang mit dem BFH Urteil vom 11.07.2018 (XI R 26/17)
Lesen Sie hierzu auch meinen Beitrag im NWB Experten-Blog:
Sechs auf einen Streich – BFH zur mehrfachen Inanspruchnahme des § 19 UStG
Und in der NWB Datenbank:
Ebber, Kleinunternehmer, infoCenter NWB ZAAAB-14441
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