Und wieder war einiges los im Internationalen Steuerrecht. Diesmal mit dabei: fiese Finanzbeamte, generöse Generalanwälte, und ein zahnloser Tiger.
Finanzamt darf Steuerdaten nicht einfach weitergeben
Datenschutz ist ja derzeit in aller Munde. Vor allem die aktuelle Safe Harbor-Entscheidung entfachte ein ungeahntes Medieninteresse. Dabei ist eigentlich – zumindest aus steuerlicher Sicht – ein anderes EuGH-Urteil zum Thema ungleich interessanter. Dort hatten in Rumänien einige Selbständige gegen die Steuerbehörde geklagt. Denn die Finanzbeamten hatten sich einfach „erdreistet“, die erklärten Einkünfte auch an die nationale Krankenkasse zu übermitteln. Und die schickte gleich mal Nachzahlungsforderungen an die Steuerpflichtigen. Verdikt des EuGH: So nicht! Die Verwaltungsbehörde müsse die Betroffenen vorab konkret über Art und Umfang der Datenübermittlung informieren. Was es nicht alles gibt…
Der Russe Holländer steht vor der Tür
In Sachen ‚X-Steuerberatungsgesellschaft‘ liegen die Schlussanträge des Generalanwalts vor. Geklagt hatte eine Gesellschaft aus den Niederlanden, die in Deutschland nicht beraten durfte, weil Sie nicht das entsprechende Anerkennungsverfahren durchlief. Die deutsche Regierung brachte zur Rechtfertigung vor, dass Mandanten vor unfähigen Beratern geschützt werden müssten um beispielsweise Strafen für Steuerhinterziehung zu vermeiden. Das erkennt auch der Generalanwalt an, hält die Regelung aber für übertrieben. Dazu verweist er vor allem auf die zahlreichen Ausnahmetatbestände nach § 4 StBerG. Vollends überzeugt das zwar nicht, weil dort nur eine beschränkte Beratungsbefugnis geregelt wird. Tatsächlich ist diese im Einzelfall allerdings schon sehr weitreichend ist (insbesondere Lohnsteuerhilfevereine und Berufsverbände).
Das Argument des Verbraucherschutzes greift meines Erachtens unabhängig davon nicht durch. Denn die Bestellung zum Steuerberater garantiert in Deutschland keinen Mandantenschutz. Zum einen findet keine aktive Berufsaufsicht statt (exemplarisch zur Arbeitsmoral der Steuerberaterkammer berichtete gerade Mitblogger Hans-Günther Gilgan). Zum anderen besteht keine sanktionierte Fortbildungspflicht für Steuerberater. Mir erscheint das deutsche Berufsrecht insoweit zweifelsfrei inkohärent. Das darf man aber natürlich – wie Mitblogger Christian Herold – auch anders sehen.
P.S. Bei aller Angst vor den bösen Beratern aus dem Ausland – wenn der EuGH dem Generalanwalt folgt, gilbt das Urteil natürlich auch Implikationen für den spiegelbildlichen Outbound-Fall.
BEPS – Mehr als eine Worthülse?
Und schließlich hat die OECD gerade das finale BEPS-Paket gegen Steuerminimierung durch internationale Großkonzerne vorgestellt. Die vielen Vorhaben, Planungen und Absichtsbekundungen sind ja schön und gut. Nur leider werden bei konkreten Maßnahmen offenbar wieder ganz andere Maßstäbe angesetzt. Eindrucksvoll zeigt das etwa die neue Übereinkunft zum Austausch von Steuervorbescheiden („Tax Rulings“). Der soll ab 2017 zwar stattfinden, wird aber inhaltlich nicht kontrolliert. Tolle Errungenschaft! Man kann nur hoffen, dass die nationalen Rechtsgrundlagen dann zumindest auch tatsächlich dafür ausreichen, wofür sie gedacht sind. Das tun sie im Moment nämlich noch nicht. So hat kürzlich das FG Köln festgestellt, dass für einen umfangreichen Datenaustausch in der E6-Gruppe keine Grundlage existiere – Verstoß gegen das Steuergeheimnis; Informationsaustausch vorläufig untersagt. Kollege Herold analysierte gestern schon ausführlich.
Weitere Infos:
- Trinks, Kleines IStR-Update 1/2015
- EuGH, Rs. C-201/14 (‚Smaranda Bara‘)
- EuGH, Rs. C-342/14 (‚X-Steuerberatungsgesellschaft‘), Schlussanträge
- Berners, Offene Grenzen für EG-Steuerberater
- Gilgan, Gegenseitiger Ausschluss von Kammeraufgaben?
- Herold, Fällt wirklich das Berufsrecht für deutsche Steuerberater?
- Herold, BEPS und die Datensammelwut der Finanzverwaltung
- FG Köln, Az. 2 V 1375/15 (Datenaustausch E6)