In meinem Blog-Beitrag „PV-Anlage in einer Vermietungs-GbR? Besser gestern als heute handeln!“ habe ich das aktuelle Urteil vom 30.6.2022 (IV R 42/19) vorgestellt, mit dem der BFH entschieden hat, dass der Betrieb einer Photovoltaikanlage die Vermietungseinkünfte einer vermögensverwaltenden GbR selbst dann gewerblich infiziert, wenn aus der PV-Anlage nur Verluste erwirtschaftet werden. Das heißt also, dass bei einer rein vermögensverwaltenden GbR das gesamte Immobilienvermögen steuerverstrickt werden kann, wenn die gewerbliche Infizierung über die PV-Anlage eintritt. Über die Bagatellregelung und Ausweichgestaltungen soll hier nicht weiter geredet werden.
Mich treibt vielmehr Folgendes um: Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 sieht vor, dass § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (= gewerbliche Infizierung) nicht anzuwenden ist, wenn es sich um eine (demnächst) begünstigte PV-Anlage handelt. Das heißt: Bestimmte PV-Anlagen führen ab 2023 nicht mehr zu einer gewerblichen Infizierung. Das ist positiv.
Aber: Angenommen, wird haben nun einen Fall, in denen das Vermögen einer „eigentlich“ vermögensverwaltenden GbR über § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG durch den Betrieb einer PV-Anlage vor rund fünf Jahren gewerblich infiziert wurde. Und weiter angenommen, das gesamte Immobilienvermögen ist allein dadurch steuerverstrickt. Und weiter unterstellt, ab dem 1.1.2023 entfällt § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Entfällt dann de facto auch die gewerbliche Infizierung zum 1.1.2023 ohne „Wenn und Aber“? Und gilt dann – mangels gewerblicher Infizierung – das gesamte Betriebsvermögen auf einen Schlag als entnommen? Schließlich ist die geplante Neuregelung des § 3 Nr. 72 EStG keine „Kann-„, sondern eine „Muss-Vorschrift“?
Wenn dem so ist, müssten vermögensverwaltende GbRs, die in der Vergangenheit allein aufgrund des Betriebs einer PV-Anlage gewerblich infiziert wurden, und bei denen hohe stille Reserven schlummern, noch vor dem Jahreswechsel in eine GmbH & Co. KG umgewandelt werden, um keinen steuerlichen Super-GAU zu produzieren.
Vielleicht sehe ich Gespenster, wo keine sind und vielleicht habe ich die geplante Gesetzesänderung falsch verstanden. Bitte sehen Sie diesen Beitrag daher als Diskussionsbeitrag an. Ich freue mich auf Ihre Kommentare.