Kindergelderhöhung und Entschärfung der kalten Progression auf der Kippe: Scheitert das Steuerfortentwicklungsgesetz?

Nach dem Aus der Regierungsampel am 6.11.2024 stehen wichtige Gesetzesvorhaben auf der Kippe, darunter auch das Steuerfortentwicklungsgesetz (StFeG, früher Zweites JStG 2024). Was bedeutet das für den Steuerzahler?

Hintergrund

Nach den der verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG muss das Existenzminimum je- derzeit steuerfrei gestellt werden. Deshalb legt nach einem Beschluss des Bundestages aus dem Jahr 1995 (BT-Beschluss v. 2.6.1995, BT-Drs. 13/1558 vom 31.5.1995) legt die Bundesregierung alle zwei Jahre einen Bericht über die Höhe des von der Einkommensteuer freizustellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern (Existenzminimumbericht) vor. Auf dessen Basis müssen der Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag entsprechend angepasst werden. Der Ausgleich der kalten Progression ist sicherzustellen, damit die Inflation insbesondere auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht die Lohnzuwächse auffrisst und ihnen netto ein angemessener Teil des Lohns verbleibt.

Das JStG 2024 und das Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 sind zwar nach Beschluss des Bundestages vom 18.10.2024 und Zustimmung des Bundesrates unter Dach und Fach. Das gilt aber nicht für das nur in erster Lesung im Bundestag behandelte Steuerfortentwicklungsgesetz (StFeG).

Keine Regierungsmehrheit für Steuerfortentwicklungsgesetz (StFoG)

Der Entwurf des vom Kabinett am 16.10.2024 beschlossenen Steuerfortentwicklungsgesetzes (BT-Drs. 20/12778) mit den entsprechenden Regelungen stand am 16.10.2024 – anders als JStG 2024 und das Gesetz zur Sicherung des Existenzminimums 2024 – nicht mehr auf der Tagesordnung des BT-Finanzausschusses und war infolgedessen auch nicht am 18.10.2024 Gegenstand der BT-Beschlussfassung.

Hintergrund war ein (neuer) koalitionsinterner Streit über das Entlastungsvolumen, das auf Vorschlag von BM Lindner als Ausgleich für die Inflation um rund 260 Millionen Euro höher ausfallen soll als ursprünglich vorgesehen. Die Kabinettsvorlage sieht hierbei eine Anhebung des Grundfreibetrags bei der Steuer 2025 um 312 Euro (und nicht wie zunächst gedacht um 300 Euro) auf 12.096 Euro vor. Das sind zwölf Euro mehr als bisher geplant. 2026 soll der Grundfreibetrag auf 12.348 Euro steigen. Der Tarifverlauf würde damit insgesamt im Umfang der maßgeblichen Inflationsrate in Höhe von 2,6 Prozent (nicht wie angedacht um 2,5 Prozent) verschoben.

Steuerentlastung nach Existenzminimumbericht nicht geboten

Nach dem aktuellen Existenzminimumbericht 2026 (BT-Drs. 20/13550) wären die Anhebung der steuerlichen Freibeträge in 2025 und 2026 zwar nicht geboten. Denn dieser beziffert das sächliche Existenzminimum für Alleinstehende im Jahr 2025 auf 11.940 € pro Jahr und 2026 auf 12.096 € pro Jahr. Der Kinderfreibetrag soll 2025 auf 6.672 € und 2026 auf 6.828 € steigen. Derzeit liegt er bei 6.384 €. Der Bericht beziffert das sächliche Existenzminimum für Kinder auf 6.648 € für 2025 und 6.696 € für 2026. Deshalb wird im Bericht festgehalten,  dass in den Jahren 2025 und 2026 mit den geltenden steuerlichen Regelungen und den vorgesehenen Gesetzesänderungen den verfassungsrechtlichen Anforderungen hinsichtlich der steuerfrei zu stellenden Existenzminima von Erwachsenen und Kindern entsprochen wird.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Abgabenquote schon in 2025 steigt: Die bundeseinheitlichen Bemessungsgrenzen für die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung werden nach der vom Bundekabinett am 6.11.2024 beschlossenen Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2025 bei Zustimmung des Bundesrates ab 1.1.2025 deutlich steigen, der Zusatzbeitrag in der Krankenversicherung wird ab 2025 voraussichtlich abermals um 0,8 Prozentpunkte auf 2,6 Prozent. Passiert die vom Bundeskabinett beschlossene Anhebung der Pflegeversicherungsbeiträge noch Bundestag und Bundesrat, steigt auch der Pflegeversicherungsbeitrag ab 2025. Alles zusammen zehrt also die geplanten Steuerentlastungen für 2025 auf.

Kommt das StFeG also für 2025 und 2026 nicht, bleibt den Steuerzahlern per Saldo unter Berücksichtigung der steigenden Sozialversicherungsaufwendungen nächstes Jahr vermutlich ein Minus im Geldbeutel. Hinzukommen dann die Ausfälle im Bereich der Unternehmensteuerentlastungen, die der Entwurf des StFeG vorsieht. Das ist inakzeptabel.

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