Kinderfreibetrag kann bei Zusammenleben der Eltern nicht übertragen werden

Mutter und Vater eines Kindes steht der steuerliche Kinderfreibetrag grundsätzlich jeweils zur Hälfte zu. Bei alleinerziehenden Eltern kommt es aber seit Jahr und Tag zu Streitigkeiten darüber, ob der Kinderfreibetrag nicht doch dem betreuenden Elternteil in voller Höhe zusteht.

Grundsätzlich gilt hier, dass halbe Kinderfreibetrag (nur) dann von dem einen auf den anderen Elternteil übertragen werden kann, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung nicht im Wesentlichen nachkommt oder mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist. Dementsprechend gehen Streitigkeiten mit dem Finanzamt bezüglich der Übertragung von Kinderfreibeträgen in aller Regel auch generell mit Streitigkeiten um den Unterhalt einher.

Ganz anders in einem Fall, den der BFH nun entscheiden musste. Hier leben – die nicht miteinander verheirateten – Elternteile offenbar sehr zufrieden mit ihren Kindern zusammen, sie wollten aber dennoch die Übertragung der Kinderfreibeträge erreichen. Allerdings scheiterten sie mit ihrem Begehren beim BFH (Urteil vom 15.12.2021, III R 24/20).

Konkret geht es um folgenden Sachverhalt: Die unverheiratete Klägerin, die beiden Kinder und deren Vater lebten in den Streitjahren in einem gemeinsamen Haushalt. Der Vater erzielte damals Einkünfte in Höhe von rund 10.000 Euro. Der Gesamtbetrag der Einkünfte der Klägerin hingegen lag in den Streitjahren zwischen 72.000 Euro und 77.000 Euro. Das Finanzamt berücksichtige bei der Mutter jeweils die halben Kinderfreibeträge. Diese war hingegen der Auffassung, dass ihr die vollen Freibeträge zustünden. Sie habe Anspruch auf Übertragung der hälftigen Freibeträge des Kindsvaters, weil dieser seiner Unterhaltspflicht nicht zu mindestens 75 Prozent nachgekommen sei. Zwar erfülle ein Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befinde, seine Unterhaltspflicht in der Regel durch Pflege und Erziehung des Kindes. Dies gelte aber nicht für steuerliche Zwecke. Doch die Klage und nun auch die Revision blieben Erfolg.

Vereinfacht gesagt ist der Vater seiner Unterhaltsverpflichtung in vollem Umfang nachgekommen, weil (auch) er die Pflege und Erziehung des Kindes übernommen hat. Der von ihm geleistete Betreuungsunterhalt müsse nicht monetarisiert und ins Verhältnis zu den von der Mutter erbrachten Natural- und Betreuungsunterhaltsbeiträgen gesetzt werden. Es sei auch nicht allein darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang die Elternteile zum (gemeinsamen) Haushaltseinkommen beitragen.

Der BFH musste nicht entscheiden, ob eine Übertragung des Kinderfreibetrages infrage gekommen wäre, wenn die Eltern zerstritten gewesen wären. Zugegebenermaßen werden die Elternteile dann zwar selten in einer gemeinsamen Wohnung leben, doch ausgeschlossen ist dies nicht. Im Übrigen könnte sich möglicherweise eine andere Beurteilung ergeben, wenn der Elternteil, der die Betreuung des Kindes übernehmen soll, dazu krankheitsbedingt nicht in der Lage ist.


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