Keiner wollte es so genau wissen – wie ein Börsenhändler in den 90er-Jahren eine englische Bank ruinierte

Was wir aus Fällen wie dem Niedergang der Barrings-Bank lernen können

 „Ich konnte einfach nicht glauben, was ich da getan hatte…Mit Schere, Klebstift und Faxmaschine hatte ich fünfzig Millionen Pfund aus dem Nichts gezaubert.“ Der Wirtschaftsprüfer „hatte die Zahlen geschluckt“.

Wie leicht der ehemalige Börsenhändler Nick Leeson über mehrere Jahre in Singapur als Mitarbeiter der Barrings-Bank unter Verwendung des Kontos „88888“ seine immer größer werdenden Verluste durch seine Handelsaktivitäten verschleiern konnte, zeigt: Trotz interner Kontrollen durch die Interne Revision und kritischen Nachfragen aus der Hauptniederlassung in England wurden keine Konsequenzen gezogen.

Der Fall der Barrings-Bank

Die interne Revision hatte zwar in ihrem Bericht die Ablauforganisation kritisiert, doch passierte darauf hin nichts. Jeden Tag wurden zweistellige Millionenbeträge weiterhin nach Singapur überwiesen. Durch unklare Strukturen und eine mangelnde Zusammenarbeit innerhalb der Bank, wurden Leeson die Manipulationen erleichtert. Er schreibt in seinem Buch „Das Milliarden-Spiel – Wie ich die Barings-Bank ruinierte“ immer wieder davon, wie sehr ihn dies verwunderte.

Leeson wurde intern als erfolgreicher Börsenhändler gefeiert und als Vorbild genannt. Die Niederlassung in Singapur war auffallend erfolgreich, was offenbar hauptsächlich ihm zuzuschreiben war. Warum hat niemand Auffälligkeiten an die Zentrale in London gemeldet? Dazu muss man wissen dass Einige von seinen Erfolgen durch hohe Bonuszahlungen mit profitiert haben.. Außerdem wurden Fehler bei Käufen oder Verkäufen auch auf dieses Konto „88888“ gebucht und somit half Leeson einigen Mitarbeitern aus der Patsche. Diese waren daher sehr dankbar, keinen Ärger zu bekommen oder sogar ihren Job zu verlieren.

Um noch einmal auf das Anfangszitat zurück zu kommen: Dem Wirtschaftsprüfer wurden gefälschte Unterlagen vorgelegt, um einen wertmäßig relevanten Buchungsvorgang zu erklären. Bei einer normalen Abschlussprüfung kann der Prüfer davon ausgehen, dass die ihm vorgelegten Dokumente echt sind. Leeson hat sich mit dem Fälschen auch wahrlich Mühe gegeben und viel Zeit am Kopierer verbracht, was einige seiner Kollegen verwunderte.

Lehren aus dem Barrings-Fall

Als Konsequenz aus dem Zusammenbruch der Barrings-Bank gab es eine gesetzliche Verschärfung der Regelungen zur Abwicklung und dem Finanzcontrolling. Sicherlich eine notwendige Maßnahme. Doch eines kann man sicherlich nicht per Gesetz einführen: Moralische und ethische Grenzen für das Handeln eines jeden Mitarbeiters. Diese Themen sollten in der Zukunft mehr diskutiert werden – und zwar nicht nur als Marketinginvestment.

Denn schließlich gibt es immer mehrere Geschädigte, die auf ihren Verlusten sitzen bleiben. Dies zeigt sich auch im aktuellen Fall des ehemaligen DAX-Konzerns Wirecard. Sicherlich stellt sich immer die Frage, warum die Kritik untergegangen ist und nur wenige daraus ihre Konsequenzen gezogen haben.

Manche Erfolgsgeschichten sind einfach zu schön, um wahr zu sein. Anstatt auf den großen Gewinn zu hoffen, sollten wir uns vielleicht mit etwas weniger begnügen. Vielleicht stimmt uns die derzeitige Corona-Lage etwas wehmütig. Ein Treffen mit Freunden ist uns derzeit sicherlich mehr wert als ein Geschenk, das sich zu vielen anderen reiht und nach kurzer Zeit unser Interesse verliert.

 

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