Keine Verschiebung der Meldefrist zur Anzeige von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen?

Im Rahmen der Regierungspressekonferenz vom 06.07.2020 wurde bekannt, dass das Bundesministerium der Finanzen (BMF) überraschenderweise nicht von der Möglichkeit Gebrauch machen will, die Fristen für die Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen zu verlängern. Die Option, welche auf EU-Ebene kürzlich explizit eingeräumt worden war, wird damit nicht genutzt.

Auch der Entwurf eines neuen BMF-Schreibens enthält zu einer Fristverlängerung keine Aussagen. Wird es bei dieser Entscheidung bleiben?

Hintergrund

Bereits am 01.01.2020 ist das „Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen“ in Kraft getreten. Dieses schreibt vor, dass bestimmte grenzüberschreitende Steuergestaltungen an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) ab dem 01.07.2020 zu übermitteln sind. Mit dem Gesetz wurde die sog. DAC-6-Richtlinie (EU) 2018/822 in Deutschland umgesetzt. Sie sieht den verpflichtenden automatischen Informationsaustausch im Bereich mitteilungspflichtiger grenzüberschreitender Gestaltungen vor.

Aufgrund der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Folgen hatte die EU-Kommission eine Änderungsrichtlinie verabschiedet. Diese ist am 27.06.2020 in Kraft getreten und sieht die Verschiebung des erstmaligen Meldezeitraums um sechs Monate vor. In Anbetracht dieser Änderungen reagierte der deutsche Gesetzgeber bereits zeitnah: Mit Art. 4 des Ersten Corona-Steuerhilfegesetzes wurde mithilfe von § 33 Abs. 5 EGAO das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ermächtigt, „zur zeitnahen Umsetzung unionsrechtlicher Bestimmungen hinsichtlich der Fristen zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen durch ein im Bundessteuerblatt zu veröffentlichendes Schreiben von den Absätzen 1 und 2 abweichende Bestimmungen zu treffen“.

Absage durch das BMF – auch im Entwurf eines neuen BMF-Schreibens

Am 06.07.2020 gab jedoch eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums bekannt, dass Deutschland keinen Gebrauch von der Möglichkeit einer Verlängerung der Meldefristen machen wird, obwohl es maßgeblich an der Entscheidung der EU-Kommission beteiligt war und sich für die Fristverschiebung stark eingesetzt hatte.

Während damit zu rechnen ist, dass die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit zur Verschiebung nutzen wird, sieht Deutschland nach aktuellem Stand davon ab. Auch der neue Entwurf eines BMF-Schreibens mit dem Titel „Anwendung der Vorschriften über die Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen“, der am 06.08.2020 auf der Seite des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) veröffentlicht wurde und auf den 14.07.2020 datiert, sieht eine Fristverlängerung nicht vor. Das BMF-Schreiben gibt den aktuellen Stand der Erörterungen zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder wieder. Zwar ist der Diskussionsentwurf noch nicht final abgestimmt, es wurde aber bereits verkündet, dass das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) im Hinblick auf die Auslegung der §§ 138d ff AO entsprechend dem gegenwärtigen Diskussionsstand des BMF-Schreibens verfahren wird.

Anpassung von Übergangsregelungen

Im nunmehr vorliegenden neuen Entwurf – eine Vorgängerversion mit Datum vom 02.03.2020 war bereits auf der Homepage des BMF veröffentlicht worden – sind insbesondere die Anwendungs- und Übergangsregelungen angepasst worden. Gestrichen wurde die Nichtbeanstandungsregelung für Steuergestaltungen im Rückwirkungszeitraum (siehe Abschnitt 5 des Schreibens). Nach dieser konnten solche Steuergestaltungen, die den Rückwirkungszeitraum betreffen, bis zum 30.09.2020 gemeldet werden. Entsprechend dem Gesetzestext sind daher auch derartige Meldungen, die den Rückwirkungszeitraum betreffen, nun bis zum 31.08.2020 dem BZSt anzuzeigen. Die Übermittlung über ein Online-Formular im BZSt-Online-Portal (BOP) ist seit dem 01.07.2020 möglich. Die sog. Massendatenschnittstelle ELMA steht seit dem 15.07.2020 zur Verfügung.

Fristverlängerung in Corona-Zeiten wünschenswert

Die Verabschiedung der EU-Richtlinie 2018/882/EU (DAC 6) vom 25.05.2018 wird große Auswirkungen auf den Informationsaustausch innerhalb der EU haben. Der Umsetzung in nationales Recht ist der deutsche Gesetzgeber angemessen nachgekommen. Fraglich ist, warum Deutschland sich der Option zur Fristverlängerung, welche explizit auf EU-Ebene umgesetzt wurde, entzieht. Zumindest seit der Bundespressekonferenz vom 06.07.2020 dürfte jetzt – überraschenderweise – feststehen, dass die Verlängerungsoption durch Deutschland nicht in Anspruch genommen wird. Kritisch zu sehen ist ebenso, dass die im Entwurf des Anwendungsschreibens vom 02.03.2020 noch vorgesehene Regelung nicht umgesetzt wird, nach der es unbeanstandet bleibt, wenn vor dem 01.09.2020 zu meldende Gestaltungen bis zum 30.09.2020 gemeldet werden konnten. Insbesondere in der aktuellen Krisenzeit wäre es gut gewesen, diese Nichtbeanstandungsregelung aufrecht zu halten, damit die Unternehmen und deren Berater genügend Zeit haben, die neuen Vorgaben angemessen umzusetzen.

Weitere Informationen:
BMF v. 14.07.2020 – IV A 3 – S 0304/19/10006 :008 (Entwurf)

 

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