Können Kunden eines Supermarktes eine „Mitgliedschaft“ erwerben, die es ihnen ermöglicht, Waren verbilligt zu erwerben, so unterliegen die „Mitgliedsbeiträge“ dem Regelsteuersatz – eine Aufteilung des Steuersatzes darf selbst dann nicht erfolgen, wenn die Kunden überwiegend Waren erwerben können, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.6.2018, 7 K 7226/15, Rev. unter XI R 21/18).
Die Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg ist durchaus von Interesse, da sie nicht nur Supermärkte betrifft, sondern letztlich alle Unternehmen, die es Kunden bzw. „Mitgliedern“ ermöglichen, gegen eine Gebühr vergünstigte Leistungen aus dem Waren- und Dienstleistungssortiment zu beziehen und bei denen grundsätzlich unterschiedliche Steuersätze anzuwenden wären. Man denke etwa an Verlage, Verkehrsbetriebe, Internethändler (Mitgliedschaften ähnlich Amazon Prime).
Dem konkreten Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Den Kunden eines Bio-Supermarktes wird eine sog. Mitgliedschaft angeboten. Dabei zahlen die Kunden eine einmalige Kaution (51,13 EUR), die sie bei Beendigung der Mitgliedschaft zurückerhalten, sowie einen monatlichen festen Mitgliedsbeitrag (je nach Einkommen und Familienstand zwischen 10,20 EUR und 20,40 EUR) und erhalten einen personalisierten Mitgliedausweis. Die Waren in den Märkten sind jeweils mit einem regulären Preis (sog. VK 1) und einem niedrigeren Preis für Mitglieder (sog. VK 2) ausgezeichnet (sog. Zweipreissystem). Die Mitgliedschaft ermöglicht den verbilligten Einkauf in allen Märkten aller Gesellschaften der B-Gruppe. Die Preise sind in allen Märkten gleich.
Bis zu 75 % der Gesamtumsätze mit Warenlieferungen in den Märkten der Gesellschaften der B-Gruppe entfallen auf Warenlieferungen an Mitglieder. Die Warenlieferungen unterliegen zu mehr als 80 % dem ermäßigten Steuersatz und im Übrigen dem Regelsteuersatz.
Im Rahmen einer Außenprüfung kam das Finanzamt zu der Einschätzung, die Mitgliedsbeiträge unterlägen als Gegenleistungen für eigenständige Leistungen in voller Höhe dem Regelsteuersatz. Die hiergegen gerichtete Klage wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Die Finanzrichter befassen sich in ihrer ausführlichen Begründung zunächst mit der Frage, ob hinsichtlich der Mitgliedsbeiträge überhaupt ein Leistungsaustausch gegeben sei. Die Frage wird aber bejaht. Unter anderem wird auf die Handhabung zur BahnCard 25/50 verwiesen, wonach die Verwaltung die Auffassung vertritt, dass der Kunde ein persönliches Recht zum Erwerb preisermäßigter Fahrscheine erwirbt und die Deutsche Bahn AG, welche die Karten ausgibt, damit eine umsatzsteuerbare Leistung an die Kunden erbringt (Bayerisches Landesamt für Steuern, Schreiben vom 3.12.2009 S 7100.1.1-6/4 St34; diese Auffassung sei aber in der Literatur nicht unumstritten).
Alsdann beschäftigt sich das FG mit der weiteren Frage, ob Mitgliedsbeiträge das steuerliche Schicksal der Warenverkaufsumsätze teilen. Dies wird indes abgelehnt. Eine enge Verbundenheit sei zu verneinen. Bei Zahlung des „Mitgliedsbeitrags” liege noch gar kein späterer Warenumsatz vor, mit dem der Erwerb des generellen Rechts zum verbilligten Warenbezug gegen Zahlung des „Mitgliedsbeitrags” verknüpft sein und der daher Hauptleistung sein könnte.
Das FG behandelt zahlreiche weitere Rechtsfragen; Betroffenen sei die Lektüre des Urteils empfohlen. Im Übrigen ist die Revision zugelassen worden, da es nach Aussage des FG noch keine – eindeutige – höchstrichterliche Rechtsprechung zu vergleichbaren Sachverhalten gibt
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FG Berlin-Brandenburg v. – 7 K 7226/15