(Keine) Umsatzbesteuerung COVID-19-Impfstoffen & Co!

Die Impfstoffversorgung in Deutschland mit COVID-19-Impfstoffen läuft immer noch schleppend. Unverständlicherweise überlegt die Bundesregierung noch immer, ob in Deutschland die EU-rechtlich mögliche Befreiung von der Mehrwertsteuerpflicht bei COVID-19-Impfstoffen, Diagnostika und der verbundenen Dienstleistungen umgesetzt werden soll.

Hintergrund

In der Corona-Pandemie versteht auch die EU die Krisenbewältigung als europäische Gemeinschaftsaufgabe. Deshalb hat sich die EU seit Frühjahr auf eine Reihe von Unterstützungsmaßnahmen verständigt, etwa die Genehmigung eines großzügigeren Beihilferahmens bei staatlichen Subventionszahlungen an Unternehmen. Zu den EU-Erleichterungen zählen auch Maßnahmen auf dem Gebiet des Steuerrechts.

Am 3.4.2020 nahm die Kommission den Beschluss (EU) 2020/491 (3) an (ABl. EU L 103 I, S.1), der es den Mitgliedstaaten erlaubt, Gegenstände, die zur Bekämpfung der Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs zwingend benötigt werden – darunter auch In-vitro-Diagnostika – vorübergehend von der Mehrwertsteuer und von Eingangsabgaben zu befreien. Dieser Beschluss deckt jedoch bislang nur Einfuhrlieferungen und nicht innergemeinschaftliche Lieferungen oder Inlandslieferungen ab.

EU-Richtlinie lässt Umsatzsteuerbefreiung zu

Am 7.12.2020 hat der EU-Rat nun die am 11.12.2020 in Kraft getretene Richtlinie 2020/2020 beschlossen (ABl. EU L 419, 1), mit der die Richtlinie 2006/112/EG zeitlich befristet bis 31.12.2022 geändert wird. Ziel dieser Änderungs-RL ist die EU-weite Schaffung von Erleichterungen im Bereich der nationalen Mehrwertsteuer. Das bedeutet, die Mitgliedstaaten können

  • einen ermäßigten Satz auf die Lieferung von COVID-19-In-vitro-Diagnostika und auf die Erbringung von eng mit diesen Diagnostika zusammenhängenden Dienstleistungen anwenden;
  • eine Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug auf die Lieferung von COVID-19-In-vitro-Diagnostika und auf die Erbringung von eng mit diesen Diagnostika zusammenhängenden Dienstleistungen gewähren;
  • eine Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug auf die Lieferung von COVID-19- Impfstoffen und auf die Erbringung von eng mit diesen Impfstoffen zusammenhängenden Dienstleistungen gewähren.

Hiervon begünstigt sind nicht nur EU-weit zugelassene COVID-19-Impfstoffe, sondern auch Schnelltests und die hiermit verbundenen Dienstleistungen. Ziel ist es, so bald wie möglich einen erschwinglicheren Zugang zur Lieferung von Impfstoffen (und Diagnostika) zu gewährleisten.

Der Haken: Die Bundesregierung hat die EU-rechtlich mögliche Umsatzsteuerbefreiung für Deutschland bislang nicht umgesetzt. Bereits Ende Dezember 2020 hat die Bundesregierung (BT-Drs. 19/25446) auf einen FDP-Anfrage im Bundestag (BT-Drs. 19/23321) wissen lassen, dass nach Art. 108 Abs. 2 GG die Länder zuständige seien.

Warum nur kein Machtwort des BMF? Geht es um die Verteilung des Steuerkuchens an Bund, Länder und Kommunen?

Praktische Auswirkungen und Bewertung

Bei einer Umsatzsteuerbelastung mit 19 Prozent geht es hier um ein gewaltiges Einsparpotential, vor allem für Krankenkassen und Pflegversicherungen (in Pflegeheimen und bei Pflegediensten), die sich an den Kosten für Impfstoffe, Schnelltest und damit verbundene Dienstleistungen beteiligen müssen. Presseberichten zufolge hat die Bundesregierung rund 8,9 Mrd. Euro eingeplant, um über 635 Millionen Impfdosen zu erwerben. Da machen 19 Prozent Umsatzsteuer oder ein Verzicht darauf schon einen gewaltigen Unterschied.

Bei der Einführung einer „echten“ Umsatzsteuerbefreiung nach § 129a MwStSystRL würden trotz Umsatzsteuerbefreiung Unternehmer das Vorsteuerabzugsrecht behalten, das wäre ein Gewinn. Mit einem befristeten Verzicht auf die Umsatzbesteuerung in Deutschland wäre auch ein gewaltiger Bürokratieaufwand zu vermeiden, der mit Vorsteuerabzug, Erhebung und Steuerabführung verbunden wäre. Österreich, Spanien, Frankreich, Niederlande, Italien, Frankreich und Tschechien haben von der Befreiung schon Gebrauch gemacht.

Was anderen EU-Staaten recht ist, sollte auch Deutschland billig sein.

Quellen


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