Wer als so genannter Wiederverkäufer tätig ist, kann seine Umsatzbesteuerung auf die Differenz zwischen An- und Verkaufspreis beschränken. Viele Wiederverkäufer haben in der Vergangenheit die Kleinunternehmer-Regelung des § 19 UStG in Anspruch genommen, das heißt, sie mussten für ihre „Marge“ keine Umsatzsteuer zahlen. Doch aufgrund einer Änderung der Verwaltungsauffassung zum 1.1.2010 galten plötzlich viele Wiederverkäufer nicht mehr als „klein“ und mussten seitdem Umsatzsteuer abführen.
Ein Verfahren vor dem EuGH ließ die betroffenen Unternehmer kurzzeitig hoffen, dass für die 17.500 Euro-Grenze auf die Differenzbeträge und nicht auf die ausgeführten Umsätze abzustellen sei, da der BFH in einem Vorlagebeschluss dazu tendierte. Jedoch hat der EuGH diese Hoffnung soeben enttäuscht. Es bleibt bei der Verwaltungsauffassung, dass es für Kleinunternehmerschwelle auf die Umsätze und nicht auf die Marge ankommt (EuGH 29.7.2019, Rs. C-388/18).
Zum Hintergrund: Bei Kleinunternehmern wird die Steuer nach § 19 UStG nicht erhoben, wenn der Umsatz zuzüglich Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Seit einer Änderung der Verwaltungsauffassung gilt: Für die Ermittlung des Gesamtumsatzes i. S. des § 19 UStG ist auf die vereinnahmten Entgelte und nicht auf den Differenzbetrag abzustellen (BMF v. 16.06.2009 – IV B 9 – S 7360/08/10001, BStBl 2009 I S. 755).
In 2018 hatte der BFH den EuGH angerufen. Der BFH neigte dazu, zur Ermittlung der betreffenden Umsatzgrößen wieder auf die Differenzbeträge abzustellen. Er hielt aber eine Klärung durch den EuGH für erforderlich (Beschluss vom 7.2.2018, XI R 7/16).
Im Streitfall betrugen die Umsätze eines Gebrauchtwagenhändlers, der der Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG unterliegt, bei einer Berechnung nach Verkaufspreisen 27.358 Euro (2009) und 25.115 Euro (2010). Der Gebrauchtwagenhändler ermittelte die Bemessungsgrundlage gemäß § 25a Abs. 3 UStG nach der Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis (Handelsspanne) mit 17.328 Euro und 17.470 Euro. Er nahm deshalb an, dass er Kleinunternehmer i.S. des § 19 UStG sei und keine Umsatzsteuer schulde. Das Finanzamt folgte dem nicht und versagte die Anwendung der Kleinunternehmerregelung für das Jahr 2010. Der Gesamtumsatz des Klägers habe in dem vorangegangenen Kalenderjahr 2009 über der Grenze von 17.500 Euro gelegen – so die neue Verwaltungsauffassung.
Vor dem Finanzgericht hatte der Händler bereits einen Sieg errungen. Der BFH hingegen wollte und konnte selbst nicht entscheiden und legte die Sache daher dem EuGH vor. Seine Begründung ließ darauf hoffen, dass wieder die Marge als maßgebende Kleinunternehmerschwelle gilt.
Der EuGH antwortete auf die Vorlagefrage jedoch wie folgt: Es würde dem EU-Recht widersprechen, wenn nur die erzielte Handelsspanne berücksichtigt würde. Der Umsatz (zur Ermittlung der Kleinunternehmerschwelle) ist auf der Grundlage aller von dem Wiederverkäufer vereinnahmten oder zu vereinnahmenden Beträge ohne Mehrwertsteuer zu ermitteln, unabhängig von den Modalitäten, nach denen diese Beträge tatsächlich besteuert werden. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Entstehungsgeschichte der entsprechenden Mehrwertsteuerrichtlinie (Art. 288 Abs. 1 Nr. 1).
Weitere Informationen:
- EuGH – C-388/18 Verfahrensverlauf – Status: anhängig
- BMF v. 16.06.2009 – IV B 9 – S 7360/08/10001
- BFH v. 07.02.2018 – XI R 7/16
Lesen Sie hierzu auch:
- Walkenhorst, Anwendung der Kleinunternehmerregelung auf Wiederverkäufer, USt direkt digital 16/2019 S. 11, NWB KAAAH-28098
- Oldiges, EuGH-Urteil zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung bei der Differenzbesteuerung unterliegenden Wiederverkäufern, NWB 36/2019 S. 2614, NWB UAAAH-28637)
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War aus meiner Sicht abzusehen. NWB-Leser haben das schon 2016 gewusst :-)
https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/638255/