Keine doppelte Haushaltsführung trotz Kostenbeteiligung

Wenn Erwachsene weit entfernt von ihrem Lebensmittelpunkt arbeiten und dort eine Wohnung nutzen, dürfen sie die Kosten einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten abziehen. Die Betonung liegt aber auf dem Wort „doppelte“, denn schon rein begrifflich setzt der Abzug das Vorliegen eines zweiten Hausstandes voraus. Bei Ledigen, die „zuhause“ noch ihr ehemaliges Kinder- oder Jugendzimmer nutzen, wird das Vorliegen eines eigenen Haushalts am Lebensmittelpunkt grundsätzlich verneint.

Ausnahme: Es liegt ein echter Mehrgenerationenhaushalt vor. Wie das FG Münster soeben entschieden hat, reicht dafür eine – nachgewiesene – Kostenübernahme alleine aber nicht aus. Und auch die gelegentliche Übernahme von Haus- und Gartenarbeiten kann den Kostenabzug nicht retten Nach Ansicht des FG Münster zeichnet sich eine gleichberechtigte Haushaltsführung nach Art einer Wohngemeinschaft unter anderem dadurch aus, dass Investitionsentscheidungen gemeinsam getroffen und umgesetzt werden (Urteil vom 7.10.2020, 13 K 1756/18 E).

Es ging etwas verkürzt um folgenden Sachverhalt:

Nach Abschluss ihrer Ausbildung mietete die 23 Jahre alte Tochter eine Zwei-Zimmer-Wohnung am Arbeitsort an. Ihren melderechtlichen Hauptwohnsitz hatte sie aber im Haus ihrer Eltern. Ihr Lebensmittelpunkt befand sich nach wie vor an ihrem Heimatort. Mit ihren Eltern vereinbarte die Tochter eine Kostenbeteiligung in Höhe von immerhin 200 Euro pro Monat. Diesen Betrag hat sie per Dauerauftrag auf ein Bankkonto ihrer Eltern überwiesen. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 machte sie Kosten für eine doppelte Haushaltsführung geltend, deren Abzug das Finanzamt verweigerte. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, dass die Tochter keinen eigenen Hausstand im Haus der Eltern unterhalten habe. Die hiergegen gerichtete Klage wurde abgewiesen

Die Begründung des FG:

Ein eigener Hausstand werde nicht unterhalten, wenn der nicht verheiratete Arbeitnehmer nur in die Haushaltsführung eingegliedert ist, wie es regelmäßig bei jungen Arbeitnehmern der Fall ist, die nach Beendigung der Ausbildung weiterhin, wenn auch gegen Kostenbeteiligung, im elterlichen Haushalt ihr Zimmer bewohnen.

Bewertung:

Ich gebe zu, dass mich die Entscheidung ein klein wenig überrascht. Zumindest hätte ich mir gewünscht, dass die Revision zugelassen worden wäre, denn die Frage, wann wirklich ein anzuerkennender Mehrgenerationenhaushalt vorliegt, ist meines Erachtens noch nicht hinreichend entschieden. Und angesichts der Entscheidung des Niedersächsischen FG vom 18.9.2019 (9 K 209/18; siehe Blog „Doppelter Haushalt: Finanzielle Beteiligung bei Mehrgenerationenhaushalt“) hätten sich die Münsteraner Richter zur Zulassung der Revision auch veranlasst sehen können. Auf jeden Fall dürfte es Kindern, die am Heimatort nicht über eine abgeschlossene Wohnung verfügen, zunehmend schwerer fallen, Kosten einer doppelten Haushaltsführung abziehen zu können. Und zwar auch nach Beendigung der Ausbildung und trotz Kostenbeteiligung.

Weitere Informationen:
FG Münster, Urteil v. 07.10.2020 – 13 K 1756/18 E
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil v. 18.09.2019 – 9 K 209/18

Weitere Details zu diesem Thema erfahren Sie in unserer NWB-News: Kein doppelter Haushalt trotz finanzieller Beteiligung
(für Abonnenten kostenfrei)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

46 − = 42