Wer kennt es nicht: Bei der Erstellung einer Steuererklärung werden bestimmte – wenn nicht gar alle – Kennzahlen des Vorjahres einfach nur mit den aktuellen Werten überschrieben. Hoch lebe der Vorgang. DATEV, Elster und Co. machen es aber auch leicht. Jedenfalls kommt es wie es kommen muss: Ist eine Eintragung, etwa im Jahre 2016, rechtlich falsch gewesen, zieht sich der Fehler in den Folgejahren durch. Dann stellt sich die Frage, ob, wenn nicht schon der Steuerbescheid des Erstjahres, so doch wenigstens die Folgebescheide nach § 129 AO geändert werden können.
Doch jüngst hat der BFH entschieden, dass zunächst die Übernahme eines Eintragungsfehlers üblicherweise nicht zu einem eigenen Fehler der Finanzverwaltung führt und ein Steuerbescheid daher nicht nach § 129 AO geändert werden kann. Zumindest gilt dies, wenn der Steuerpflichtige nicht zweifelsfrei darlegen kann, dass ein Rechtsirrtum ausgeschlossen ist. Zieht sich der Fehler dann in den Folgejahren fort, weil der Steuerbürger bei der Erstellung seiner Steuererklärung jeweils nur die entsprechenden Zahlen ändert, es aber ansonsten bei der falschen Kennziffer belässt, ist eine Änderung ebenfalls ausgeschlossen. Es bleibt bei einem fortgesetzten Rechtsirrtum (BFH-Urteil vom 12.2.2020, X R 27/18).
Es ging um folgenden Sachverhalt
Der Kläger ist Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerks. In seinen Einkommensteuererklärungen erfasste er seine an das Versorgungswerk geleisteten Beiträge fehlerhaft nicht als „Versicherungsbeiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung“ ,sondern als Beiträge zu „Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht und Kapitallebensversicherung mit mindestens zwölf Jahren Laufzeit und Laufzeitbeginn sowie erster Beitragszahlung vor dem 1.1.2005“ in den jeweils hierfür vorgesehenen Feldern der Erklärungsformulare. Dadurch wirkten sich die Beitragszahlungen, die als (nur) beschränkt abziehbare Vorsorgeaufwendungen behandelt wurden, steuerlich nicht aus. Sämtliche Steuerbescheide wurden bestandskräftig. Finanzamt und letztlich auch der BFH lehnten eine Änderung nach § 129 AO ab.
Die Begründung des BFH in Kürze
Die Würdigung der Gesamtumstände lassen es für möglich erscheinen, dass die Eintragungen zwar in der falschen Zeile, aber dennoch bewusst vorgenommen worden sind. Die Annahme einer offenbaren Unrichtigkeit durch ein mechanisches Versehen, welches das Finanzamt übernommen haben könnte, ist damit ausgeschlossen. Diese Sichtweise gilt nicht nur für das Erstjahr des Versehens, sondern auch für die Folgejahre. Wird eine Vorjahreszahl mit dem jeweils aktuellen Wert der Beiträge zum Versorgungswerk überschrieben, erfolgen die fehlerhaften Eintragungen nicht aufgrund eines (neuen) mechanischen Versehens, sondern aufgrund des fortgesetzten Tatsachen- und Rechtsirrtums. Eine Berichtigungsmöglichkeit der Einkommensteuerbescheide nach § 129 AO scheidet mithin aus.
Übrigens hatte das FG Düsseldorf in einem ähnlichen Fall die Änderung nach § 129 AO zugelassen (Urteil vom 17.10.2017, 13 K 3544/15 E). Offenbar konnte der Kläger – anders als der Kläger in aktuellen Fall – aber zur Überzeugung des Gerichts darlegen, dass wirklich kein Rechtsirrtum vorlag. Bemerkenswert war dabei, dass der Kläger des Düsseldorfer Falles Notar war. Ich möchte bezweifeln, dass der Fall im Lichte der aktuellen BFH-Rechtsprechung heute gelichermaßen entschieden worden wäre.
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