Leistungen eines Wohnungseigentümers in die Erhaltungsrücklage einer Wohnungseigentümergemeinschaft sind steuerlich nicht schon im Zeitpunkt der Einzahlung, sondern erst dann als Werbungskosten abziehbar, wenn aus der Rücklage Mittel zur Zahlung von Erhaltungsaufwendungen entnommen werden. Dies hat der BFH (14.01.2025 – IX R 19/24) ganz aktuell entschieden.
Worum ging es im Streitfall?
Die Kläger vermieteten mehrere Eigentumswohnungen. Das von ihnen an die jeweilige Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) gezahlte Hausgeld wurde zum Teil der gesetzlich vorgesehenen Erhaltungsrücklage (vormals Instandhaltungsrückstellung) zugeführt. Insoweit erkannte das Finanzamt keine Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften an. Es meinte, der Abzug könne erst in dem Jahr erfolgen, in dem die zurückgelegten Mittel für die tatsächlich angefallenen Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum verbraucht würden. Das Finanzgericht wies die Klage ab.
Wie hat der BFH entschieden?
Die Revision der Kläger beim BFH (IX R 19/24) blieb jetzt erfolglos. Der Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG fordert einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Vermietungstätigkeit und den Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Die Kläger hatten den der Erhaltungsrücklage zugeführten Teil des Hausgeldes zwar erbracht und konnten hierauf nicht mehr zurückgreifen, da das Geld ausschließlich der WEG gehört. Auslösender Moment für die Zahlung war aber nicht die Vermietung, sondern die rechtliche Pflicht jedes Wohnungseigentümers nach Maßgabe der Gemeinschaftsordnung, am Aufbau und an der Aufrechterhaltung einer angemessenen Rücklage für die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums mitzuwirken. Ein Zusammenhang zur Vermietung und der Einkünfteerzielung (§ 21 EStG) entsteht erst, wenn die Gemeinschaft die angesammelten Mittel für Erhaltungsmaßnahmen tatsächlich verausgabt. Denn erst dann kommen die Mittel der Immobilie tatsächlich zugute. Der BFH hat auch bekräftigt, dass auch die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes im Jahr 2020 (WEG-Modernisierungsgesetz v. 16.10.2020, in Kraft seit 1.12.2020), durch die der Wohnungseigentümergemeinschaft die volle Rechtsfähigkeit (§ 9a Abs.1 S.1 WEG) zuerkannt wurde, die steuerrechtliche Beurteilung des Zeitpunkts des Werbungskostenabzugs für Zahlungen in die Erhaltungsrücklage nicht verändert.
Einordnung und praktische Konsequenzen
Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) kommt es für den Werbungskostenabzug (§ 9 Abs.1 S.2 EStG) einerseits auf den mit den Aufwendungen verfolgten Zweck, der auf die Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gerichtet sein muss, und andererseits auf die Verwendung der Mittel entscheidend Bedeutung an.
Nach der aktuellen BFH-Entscheidung entsteht ein Zusammenhang zur Vermietung erst, wenn die Gemeinschaft die angesammelten Mittel für Erhaltungsmaßnahmen verausgabt. Denn erst dann kommen die Mittel der Immobilie zugute. Dies entspricht ständiger BFH-Rechtsprechung, die der BFH jetzt ausdrücklich bekräftigt. Er erläutert dabei, dass Hausgeldzahlungen (oder Sonderzahlungen) in die Erhaltungsrücklage zunächst nur der Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, jedoch noch nicht unmittelbar der Einnahmenerzielung dienen. Zivilrechtlich steht das der Rücklage zugeführte Vermögen nur der WEG in ihrer Gesamtheit zu. Der einzelne Wohnungseigentümer hat hieran keinen rechtlich anzuerkennenden, frei veräußerbaren Anteil. Der einzelne Eigentümer ist aber als Mitglied der WEG zumindest wirtschaftlich betrachtet am Bestand der Rücklage beteiligt. Deshalb hat er gegen die WEG einen klagbaren Anspruch auf Bezahlung künftiger Erhaltungsaufwendungen aus den Mitteln der Rücklage.
Veräußert der in die Erhaltungsrücklage einzahlende Wohnungseigentümer sein Eigentum vor Durchführung der Erhaltungsmaßnahme, bleibt ihm zwar endgültig ein Werbungskostenabzug verwehrt. Er wird in aller Regel aber Ausgleich vom Erwerber (Käufer) für den diesem wirtschaftlich zugutekommenden Rücklagenbestand durch einen Kaufpreisaufschlag erhalten (BFH v. 9.12.2008 – IX B 124/08); eine gut dotierte Erhaltungsrücklage ist also ein wertbildender Faktor, von dem der Eigentümer beim Verkauf profitiert. Allerdings ist zu bedenken, dass (hohe) Zuzahlungen in die Erhaltungsrücklage nicht nur zu einem Liquiditätsabfluss, sondern auch zu einer Kapitalbindung ohne hohe Rendite führen, weil der Verwalter dieses Kapital in der Regel mündelsicher und kapitalerhaltend anlegen muss. Wohnungseigentümer sollten deshalb darauf achten, dass Zahlungen in die Erhaltungsrücklage nicht „ins Blaue hinein“ erfolgen, sondern erst bei zeitnaher Verwendung.
Weitere Informationen:
NWB Online-Nachricht: Einkommensteuer | Noch kein Steuerabzug für Hausgeldzahlungen in die Erhaltungsrücklage
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