Kein Geld mehr für ungeimpfte Arbeitnehmer in Quarantäne?

Am 22.9.2021 haben die Gesundheitsminister der Länder über ein einheitliches Vorgehen in einer strittigen Frage beraten: Soll jemand, der ohne Not freiwillig ungeimpft bleibt, weiterhin für die Dauer einer Corona-Quarantäne einen Entschädigungsanspruch haben? Bundesweit einheitlich wollen die Länder künftig Ungeimpften, für die es eine Impfempfehlung gibt und die sich impfen lassen könnten, keine Entschädigung zahlen, wenn sie in Quarantäne müssen – und zwar spätestens ab 1.11.2021.

Bewertung: Was ist von einer Einschränkung der Entschädigungspflicht zu halten?

Inzwischen steht in Deutschland ausreichend Impfstoff gegen die Corona-Virusvarianten zur Verfügung, grundsätzlich kann sich jeder, der will, impfen lassen – von medizinisch indizierten Impfrisiken bzw. -ausschlüssen abgesehen.

Ich meine deshalb: Die Gesellschaft kann erwarten, dass alle ihren Beitrag zur Vermeidung eines größeren Corona-Schadens leisten, auch durch medizinisch mögliche Impfung. Richtig ist: Ausnahmen aus medizinischen und anderen Gründen müssen möglich bleiben. Da es aber bei jeder Impfung Risiken gibt, kann nicht jedes denkbare minimale Risiko von Impffolgen angesichts der möglichen gravierenden Pandemiefolgen zu einer „Vollkaskoverpflichtung“ des Staates führen. Wer freiwillig und ohne medizinische Indikation ungeimpft bleiben will, muss deshalb nicht nur für die gesundheitlichen, sondern auch für die wirtschaftlichen Folgen seines Verhaltens einstehen.

Das sieht auch die Mehrheit der Bevölkerung nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für Business Insider so: Zwei Drittel der Befragten bewerten demnach die Entscheidung einiger Bundesländer, ungeimpfte Mitarbeiter im Quarantänefall nicht weiter zu entschädigen, als richtig. 28 Prozent finden die Regelung falsch, fünf Prozent sind unentschieden. Je älter die Befragten, desto größer ist die Zustimmung, dass Ungeimpften keine Quarantäne-Entschädigung mehr gezahlt werden sollten. Unter den 18- bis 29-jährigen halten 56 Prozent, unter den 30- bis 39-jährigen 58 Prozent den Vorschlag richtig. Bei den Menschen über 65, die in den meisten Fällen nicht mehr arbeiten, sondern Rente beziehen, ist die Zustimmung mit Abstand am größten. Fast 80 Prozent von ihnen halten es für richtig, dass Impfverweigerern kein Quarantäne-Geld gezahlt werden sollte.

Ich meine die Gesundheitsminister der Länder haben jetzt eine richtige und richtungsweisende Entscheidung getroffen: Schluss mit der Vollkaskomentalität von Impfverweigerern! Wer grundlos eine Corona-Impfung verweigert, darf nicht mehr davon ausgehen, dass sein quarantänebedingter Lohnausfall sozialisiert und mit Verdienstausfallentschädigung vom Staat kompensiert wird.

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Hintergrund

Wer an Corona erkrankt oder wegen Infektionen in seinem Umfeld in Quarantäne muss, der erhält bislang vom Staat nach § 56 Abs. 1 IfSG sechs Wochen lang eine Entschädigung des Verdienstausfalls, danach eine Entschädigung von 67 Prozent des Nettogehalts für die Dauer der Quarantäne.

Erste Bundesländer in Deutschland streichen diese Kompensationszahlung nun jedoch für solche Arbeitnehmer, die sich gegen Corona impfen lassen könnten, dies aber nicht tun. Wer freiwillig ungeimpft in Quarantäne muss, muss etwa in Baden-Württemberg seit 15.9.2021 damit rechnen, dass er keinen Verdienstausgleich nach dem IfSG mehr erhält. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will die Zahlung von Quarantänegeld an Ungeimpfte bundesweit streichen: „Impfunwillige müssen finanzielle Konsequenzen tragen“.

Jetzt haben sich die Gesundheitsminister der Länder am 21.9.2021 auf ein einheitliches Vorgehen geeinigt: Die Länder wollen künftig – ohne Vorliegen einer medizinischen Indikation -Ungeimpften keine Entschädigung nach dem IfSG mehr zahlen, wenn sie in Quarantäne müssen. Ebenso wie es ab 11.10.2021 die kostenlosen sogenannten Bürgertests nicht mehr geben wird (Schnelltests; PCR-Tests), für die der Staat zahlt, soll auch die Entschädigungspflicht für (ohne Not) Ungeimpfte spätestens ab 1.11.2021 entfallen. Damit soll der Druck auf Ungeimpfte weiter erhöht werden, sich doch noch impfen zu lassen.

Wie ist die Rechtslage?

Wer seine Arbeit (Corona-) krankheitsbedingt – in einer vom Bundestag festgestellten nationalen Notlage (§ 5 Abs.1 IfSG) – nicht antreten kann, wird entschädigt. In den ersten bis zu sechs Wochen erhält er seinen Lohn in voller Höhe (§ 56 Abs. 2 S.2 IfSG), danach 67 Prozent des Verdienstausfalls, max. 2.016 Euro/Monat. Der Arbeitgeber zahlt zunächst und kann danach das Geld beim Staat nach § 56 Abs. 5 S. 3 IfSG zurückholen.

In § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG heißt es aber auch: „Eine Entschädigung […] erhält nicht, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, oder durch Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können.“

Hieraus wird nun abgeleitet, dass derjenige seinen Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG verlieren soll, der ein Impfangebot hatte, dieses aber freiwillig nicht nutzt und coronabedingt in Quarantäne muss. Ob ein solches „Risikoverhalten“ ebenso für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder nach § 616 BGB gilt, ist gerichtlich noch nicht entschieden.

Wer muss in Quarantäne, wer verliert den Entschädigungsanspruch?

Selbst Geimpfte müssen in Quarantäne, wenn sie selbst positiv getestet werden. Da die Absonderung in diesem Fall jedoch nicht durch eine Schutzimpfung vermieden werden konnte, besteht der Anspruch auf eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz auch weiterhin.

Anders sieht es aber aus, wenn man trotz Impfung eine vermeidbare Reise (z.B. Urlaub) in ein Virusvariantengebiet unternimmt und sich nach der Rückkehr in Quarantäne begeben muss. Als Kontaktpersonen müssen Geimpfte jedoch nur noch in seltenen Fällen in Quarantäne, etwa, wenn man Kontakt zu einer Person hatte, die sich mit einer in Deutschland wenig verbreiteten, aber besonders gefährlichen Variante infiziert hat. Kann eine Schutzimpfung aus medizinischen Gründen nicht in Anspruch genommen werden oder erfolgt die Absonderung trotz gültigem Status als immunisierte Person, bleibt der Entschädigungsanspruch unberührt.

Quellen

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