Kein Abzug von Kosten für Prozess rund ums Einfamilienhaus

Kosten eines gerichtlichen Prozesses sind seit einigen Jahren nur dann als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG absetzbar, „wenn der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können“ (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG).

Wie bereits mehrfach im NWB Experten-Blog ausgeführt, ist das Tatbestandsmerkmal „Verlust der Existenzgrundlage“ so einschneidend, dass es im Prinzip kaum noch Fälle gibt, in denen Prozesskosten, die den privaten Bereich betreffen, abziehbar wären. Und seien wir doch ehrlich: Da die Finanzgerichte unter „Existenzgrundlage“ fast unisono nur die „wirtschaftliche Existenz“ sehen, würde der Abzug der Kosten, selbst wenn er möglich wäre, ins Leere laufen. Denn wer seine wirtschaftliche Existenz verloren hat, zahlt in aller Regel auch keine Steuern mehr. Damit ist § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG eine Vorschrift, die den Abzug von Prozesskosten generell verhindert.

Auch das FG Rheinland-Pfalz legt § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG eng aus. Jüngst hat es entschieden, dass Kosten, die durch Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Errichtung eines Eigenheims entstanden sind, nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind (Urteil vom 7.5.2020, 3 K 2036/19/www.juris.de).

Der Sachverhalt:

In 2015 beauftragte ein Ehepaar ein Massivbau-Unternehmen mit der Errichtung eines Zweifamilienhauses mit Unterkellerung auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück. Wegen gravierender Planungs- und Ausführungsfehler gingen die Eheleute gegen das Bauunternehmen gerichtlich vor, unter anderem im Wege eines Beweissicherungsverfahrens. Allein im Jahr 2017 zahlten sie dafür Gerichts- und Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt rund 13.700 EUR. Im Jahr 2018 wurde über das Vermögen des Bauunternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit ihrer Einkommensteuererklärung für 2017 machten die Ehegatten die ihnen entstandenen Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend und wiesen auf ihre extrem angespannte finanzielle Situation hin. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht lehnten die beantragte Steuerermäßigung hingegen ab.

Die Begründung des Gerichts:

Zu keiner Zeit habe für die Eheleute die Gefahr bestanden, die Existenzgrundlage zu verlieren oder die lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können. Sie seien beide erwerbstätig gewesen und hätten eine ihrem Wohnbedürfnis entsprechende Mietwohnung bewohnt. Das Baugrundstück sei nicht lebensnotwendig gewesen und hätte notfalls verkauft werden können. Die Aufwendungen seien auch nicht außergewöhnlich. Der Erwerb eines Einfamilienhauses berühre typischerweise das Existenzminimum nicht und erscheine deshalb steuerlich als Vorgang der normalen Lebensführung. Auch Baumängel seien nicht unüblich, so dass entsprechende Prozesskosten wegen solcher Mängel ebenfalls grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden könnten.

Hinweis

Das Urteil ist rechtskräftig. Vor dem BFH hätte wohl auch keine Aussicht auf Erfolg bestanden, denn u.a. mit Urteil vom 10.3.2016 (VI R 80/14) hat er entschieden, dass Rechtsanwalts- und Gerichtskosten, die im Zusammenhang mit Baumängeln entstehen, grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Mir ist zwar eine Entscheidung des FG Köln aufgefallen, wonach der Abzug zulässig, wenn der Rechtsstreit geführt wird, um ein menschenwürdiges Wohnen in dem betreffenden Objekt entweder aufrecht zu erhalten oder erst zu ermöglichen.

Die Entscheidung stammt aber aus einer Zeit vor der Gesetzesänderung (FG Köln v. 24.11.2005, 10 K 2759/02). Heute hätte sie wohl keinen Bestand mehr. Immerhin haben die Kölner Richter seinerzeit nicht auf die „wirtschaftliche Existenzgrundlage“ abgestellt, sondern auf ein „menschenwürdiges Wohnen“.

Ich wünsche mir, dass vielleicht eines Tages ein Umdenken bei den Gerichten stattfindet und die „Existenzgrundlage“ nicht nur im materiellen Sinne verstanden wird.

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