Kaufpreisaufteilung im Notarvertrag: Man darf es nicht übertreiben

Wer eine Immobilie für Zwecke der Einkünfteerzielung erwirbt und dementsprechend Absetzungen für Abnutzung geltend macht, hat ein Interesse daran, dass ein möglichst hoher Anteil des Gesamtkaufpreises auf das Gebäude und ein möglichst niedriger Anteil auf den Grund und Boden entfällt. Am einfachsten ist es, wenn die Aufteilung bereits im notariellen Kaufvertrag vorgenommen wird. Das Finanzamt muss diese Werte im Allgemeinen übernehmen, „solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen“ (vgl. BFH 10.10.2000 – IX R 86/97, BStBl 2001 II S. 183; BFH 29.5.2008, BFH/NV 2008 S. 1668; BFH 16.9.2015, IX R 12/14).

In der Praxis wird der Halbsatz „solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen“ leider oft überlesen. Man kann es auch anders ausdrücken: Vielfach werden die Grenzen des Machbaren ausgelotet und manchmal auch überschritten – so auch in einem Fall, den das FG Münster kürzlich entschieden hat (Urteil vom 22.9.2022, 8 K 2748/20 E/justiz.nrw.de).

Der – etwas verkürzt dargestellte – Sachverhalt:

Der Kläger erwarb mit Notarvertrag vom 17.11.2017 ein Mehrfamilienhaus. Der Kaufpreis in Höhe von 2,4 Mio. Euro sollte laut Vertrag zu weniger als 20 Prozent auf den Grund und Boden entfallen und im Übrigen auf das Gebäude. Die vollständige Kaufpreiszahlung und der Besitzübergang erfolgten am 29.3.2018. Das Finanzamt akzeptierte die Kaufpreisaufteilung aber nicht und beauftragte einen Bausachverständigen. Dieser ermittelte nach dem Ertragswertverfahren eine Aufteilungsquote von rund 40 Prozent (Grund und Boden) zu rund 60 Prozent (Gebäude) Wegen des geringeren Gebäudeanteils wurde die AfA gekürzt. Der Kläger gab sich hiermit nicht einverstanden und führte zahlreiche Argumente an, die den niedrigen Grund-und-Boden-Anteil laut Kaufvertrag rechtfertigen sollten. Ein Argument lautete: Auch wenn der Notarvertrag erst Ende 2017 abgeschlossen wurde, so habe der Kaufpreis schon im Frühjahr 2016 festgestanden. Zu diesem Zeitpunkt seien der Kaufpreis und die Kaufpreisaufteilung bereits zwischen dem Verkäufer und ihm, dem Kläger, vereinbart worden. Doch die Klage blieb weitestgehend erfolglos.

Die Begründung des FG, ebenfalls in aller Kürze:

Bei einer im Kaufvertrag vorgenommenen Kaufpreisaufteilung sind die vereinbarten und bezahlten Anschaffungskosten grundsätzlich der Besteuerung zu Grunde zu legen. Vereinbarungen der Vertragsparteien binden allerdings nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, die Kaufpreisaufteilung ist nur zum Schein bestimmt worden oder die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs sind gegeben. Eine Korrektur der vereinbarten Aufteilung ist geboten, wenn sie die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint.

Der Bodenwert laut Kaufvertrag weicht erheblich von dem vom Gutachter ermittelten Bodenwert ab. Nach Auffassung des Gerichts verfehlt die vertragliche Aufteilung die realen Wertverhältnisse folglich in einer solch grundsätzlichen Weise, dass sie wirtschaftlich nicht haltbar erscheint. Es ist im Übrigen davon auszugehen, dass für die Frage einer erheblichen Abweichung die Wertverhältnisse am Tag des Gefahrübergangs (März 2018) maßgeblich sind und nicht der Zeitpunkt einer eventuellen vorherigen Vereinbarung.

Denkanstoß

Natürlich kann es Fälle geben, in denen der tatsächliche Bodenanteil wesentlich niedriger ist, als es eine überschlägige oder typisierte Bewertung erwarten lassen. Dann sollten dem Finanzamt aber entsprechende Unterlagen vorgelegt werden können, um die eigene Bewertung und die entsprechende Kaufpreisaufteilung zu stützen. Im Urteilsfall wurde zwar noch das Argument gebracht, es hätten Altlasten vorhanden sein können. Allerdings gab es hierfür wohl nur sehr wenige Indizien. Zumindest schien es dem FG nicht angebracht, insoweit einen Bewertungsabschlag vorzunehmen. Letztlich zeigt das Urteil, dass die notarielle Kaufpreisaufteilung schlüssig sein muss.

 

Ein Kommentar zu “Kaufpreisaufteilung im Notarvertrag: Man darf es nicht übertreiben

  1. Dieser Artikel hat mich wirklich beeindruckt und ich finde es großartig, wie erläutert wird, dass es bei der Kaufpreisaufteilung im Notarvertrag darauf ankommt, eine realistische Aufteilung der Anschaffungskosten vorzunehmen. Als Leser habe ich jetzt ein besseres Verständnis dafür, welche Faktoren bei der Aufteilung des Kaufpreises berücksichtigt werden müssen, um unnötige rechtliche Probleme zu vermeiden. Es ist ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass es in diesen wichtigen Angelegenheiten vertrauenswürdige und erfahrene Partner gibt, die Ihnen helfen können, Ihre Verträge eindeutig zu gestalten und Probleme zu vermeiden. Insgesamt bin ich sehr dankbar für diesen Artikel, der mir wertvolle Einblicke in die Kaufpreisaufteilung im Notarvertrag gegeben hat. Es ist ein wichtiger Aspekt beim Kauf einer Immobilie und es beruhigt mich zu wissen, dass es Fachleute gibt, die helfen können, die Angelegenheit zu klären. Vielen Dank für die detaillierte Erklärung und die nützlichen Tipps!

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