Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude: BFH verwirft Arbeitshilfe der Finanzverwaltung

Wer eine Immobilie für Zwecke der Einkünfteerzielung erwirbt und dementsprechend Absetzungen für Abnutzung geltend macht, hat ein Interesse daran, dass ein möglichst hoher Anteil des Gesamtkaufpreises auf das Gebäude und ein möglichst niedriger Anteil auf den Grund und Boden entfällt. Am einfachsten ist es, wenn die Aufteilung bereits im notariellen Kaufvertrag vorgenommen wird. Das Finanzamt muss diese Werte im Allgemeinen übernehmen, „solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen“ (BFH-Urteil vom 10.10.2000, BStBl 2001 II S. 183; BFH-Urteil vom 29.5.2008, BFH/NV 2008 S. 1668).

Falls diese Aufteilung nicht erfolgt ist oder angezweifelt wird, hat es sich etabliert, dass die Finanzämter auf eine Arbeitshilfe (Excel-Datei) zurückgreifen, die das BMF zur Verfügung stellt. Danach erfolgt die Kaufpreisaufteilung in einem typisierten Verfahren. Auch wenn die Datei nur eine Arbeitshilfe ist, so hat sie in der Praxis quasi Gesetzeskraft entwickelt – zumindest nach Ansicht vieler Finanzämter. Doch damit ist nun Schluss.

Soeben hat der BFH wie folgt entschieden:

Die Finanzgerichte dürfen eine vertragliche Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude, die die realen Verhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint, nicht durch die nach Maßgabe der Arbeitshilfe des BMF ermittelte Aufteilung ersetzen (BFH-Urteil vom 21.07.2020, IX R 26/19).

Es ging um folgenden Sachverhalt:

Die Klägerin hat im Jahr 2017 eine vermietete Eigentumswohnung in einer Großstadt zum Kaufpreis von 110.000 Euro erworben. Nach dem Kaufvertrag sollten davon 20.000 Euro auf das Grundstück entfallen. Dementsprechend ging die Klägerin für Abschreibungszwecke von einem Gebäudeanteil von rund 82 Prozent aus. Hingegen ermittelte das Finanzamt einen Gebäudeanteil von rund 31 Prozent. Dabei legte es die vom BMF im Internet bereitgestellte „Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)“ zugrunde. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab und sah in der Arbeitshilfe ein geeignetes Wertermittlungsverfahren, um die Marktangemessenheit einer vertraglichen Kaufpreisaufteilung widerlegen zu können, zugleich aber auch eine geeignete Schätzungshilfe. Dem ist der BFH entgegengetreten.

Begründung:

Die Arbeitshilfe des BMF gewährleiste die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude nicht. Denn die Auswahl der zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren würde auf das (vereinfachte) Sachwertverfahren verengt. Auch bleibe der vor allem in großstädtischen Ballungsräumen relevante Orts- oder Regionalisierungsfaktor bei der Ermittlung des Gebäudewerts unberücksichtigt. Deshalb sei das FG im Fall einer streitigen Grundstücksbewertung in der Regel gehalten, das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken einzuholen.

Hinweis:

Der eine wird jubeln, der andere wird das Urteil kritisieren. Dabei werden sich die Kritiker nicht nur in den Reihen der Finanzverwaltung finden, sondern auch viele Steuerpflichtige und Berater werden der Vereinfachung, die die Arbeitshilfe bietet oder geboten hat, noch nachtrauern.

Letztlich ist das Gezerre um die Kaufpreisaufteilung und die Arbeitshilfe aber auch wieder ein gutes Beispiel dafür, wie Steuerbürger und Finanzverwaltung agieren: Wenn der BFH entscheidet, dass eine im Notarvertrag vorgenommen Kaufpreisaufteilung im Allgemeinen zu akzeptieren ist, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der erste die Grenzen dieser wohlgemeinten Entscheidung austestet und gegebenenfalls überschreitet. Andererseits misst die Finanzverwaltung ihren selbstgestrickten Arbeitshilfen oftmals eine zu große Bedeutung bei – siehe die mitunter dubiosen Kalkulationen im Rahmen von Betriebsprüfungen.

Weitere Informationen:

BFH, Urteil v. 21.07.2020 – IX R 26/19

Für weitere Details zu diesem Urteil lesen Sie unsere NWB-News: Einkommensteuer | Kaufpreisaufteilung für Gebäude-AfA (BFH)
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3 Gedanken zu “Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude: BFH verwirft Arbeitshilfe der Finanzverwaltung

  1. Jürgen Jacoby und Stefan Geiling hatten es in DStR 2020, 481 schon mal an einen Bespiel dargelegt, dass typisierte Herstellungskosten des Gebäudes immer gleich sind und mit steigenden Bodenrichtwerten der Anteil von Grund und Boden am Kaufpreis immer größer wird. Verständlich, dass der Kläger bei einen Gebäudeanteil von rund 31 Prozent nicht zufrieden war und aufgrund der Mängel der Arbeitshilfe überrascht die Entscheidung des BFH nicht.

    Andererseits hat die Arbeitshilfe in einer ländlichen Region mit niedrigen Bodenrichtwerten bisher immer akzeptable Ergebnisse geliefert. Und kein Mandant hat Lust extra einen Gutachter für die Kaufpreisaufteilung/AfA zu bezahlen.

    Mal abwarten, wie es weitergeht. Selbst mit einer nachgebesserten Arbeitshilfe wird der Streit nicht beendet sein.

  2. Vielleicht kommen wir mal wieder irgendwann zurück zu der 80/20 oder 70/30 Aufteilung. Zu meinen Ausbildungszeiten (1995) war das noch ein akzeptierter Maßstab.

  3. Einfache Lösung: Veräußerungsgewinne ohne Rücksicht auf Haltefristen steuerpflichtig machen und vernünftige Zinssätze in die Abgabenordnung schreiben. Dann wirkt sich die Abschreibung nicht mehr auf den Totalgewinn aus, sondern nur noch als Periodenverschiebung. Ob 100 Euro ein Jahr früher oder später versteuert werden, macht den Kohl nicht fett.

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