Bis auf das Land Bremen wollen jetzt alle restlichen Bundesländer nicht beanstanden, wenn ein Unternehmer mit Computerkasse die erforderliche tSE-Aufrüstung nicht bis 30.9.2020, sondern erst bis 31.3.2020 umsetzt. Worauf ist jetzt zu achten?
Hintergrund
Mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22.12.2016 (BGBl 2016 I S. 3000 – kurz: Kassengesetz) wurden Unternehmen verpflichtet, ihre elektronischen Kassen(-systeme) ab dem 1.1.2020 mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (tSE) aufzurüsten. Angesichts der erheblichen Verzögerungen bei der Zertifizierung von tSE-Lösungen durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und der verspäteten Verfügbarkeit am Markt hatte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) auf Grund der Intervention des DIHK und anderer Verbände mit Schreiben vom 6.11.2019 eine Nichtbeanstandungsregelung bis zum 30.9.2020 erlassen.
Wegen der coronabedingten Belastungen der Unternehmen einerseits und der weiterhin ausbleibenden Zertifizierung von Cloud-Lösungen andererseits hatte der DIHK gegenüber dem BMF eine weitere Verlängerung der Nichtbeanstandungsregelung über den 30.9.2020 hinaus angemahnt. Das BMF hatte jedoch in einem Schreiben an die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft – trotz eines gegenteiligen Mehrheitsvotums der mit dem Steuervollzug befassten Bundesländer – eine Anpassung der Frist abgelehnt (ich hatte berichtet).
15 Bundesländer verlängern Nichtbeanstandungsfrist bis 31.3.2021
Ende Juli 2020 haben nunmehr alle Bundesländer bis auf Bremen ihrerseits mit landesweiten Erlassen an ihre untergeordneten Finanzbehörden die Frist zur Aufrüstung von elektronischen Kassen(-systemen) bis längstens 31.3.2021 verlängert. Voraussetzung für eine Fristverlängerung ist jedoch u. a., dass die technisch notwendigen Anpassungen und Aufrüstungen umgehend durchzuführen sind.
Die Landesregelungen weichen teilweise voneinander ab, insbesondere bei der Frage, ob eine entsprechende Meldung durch das Unternehmen gegenüber dem Finanzamt erforderlich ist. Die Nichtbeanstandungsregelung der Länder mutet auf den ersten Blick wie ein glatter Rechtsbruch an: Immerhin handelt es sich bei der tSE-Aufrüstung bei Computerkassen um eine auf bundesgesetzlicher Grundlage beruhende Verpflichtung, deren Umsetzungsspielregeln das BMF und nicht die Länder definiert.
Allerdings ist die „weichere Gangart“ der Länder bei der Anordnung von Sanktionen bei (vorübergehender) Nichtbefolgung der Aufrüstungspflicht aus Sicht der Wirtschaft unbedingt zu begrüßen, auch wenn das BMF nochmals an die Länder appelliert hat, die jeweiligen Länderregelungen nicht umzusetzen. Nur das Land Bremen ist bislang weiterhin auf „Bundeskurs“; hier wäre wünschenswert, dass man sich auch diesbezüglich auf eine einheitliche Vorgehensweise verständigt. Hierfür spricht der Umsetzungsstand: selbst die Bundesregierung geht davon aus, dass zum 30.9.2020 keine Cloud-basierte technische Sicherheitseinrichtung für die elektronischen Aufzeichnungssysteme und digitalen Grundaufzeichnungen von Kassensystemen am Markt zur Verfügung stehen wird.
Mehrere größere Hersteller hätten mitgeteilt, dass das notwendige Zertifizierungsverfahren nicht bis dahin abgeschlossen sein wird, heißt es in einer Antwort (19/21351) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/20314).
Worauf müssen Unternehmen jetzt achten?
Wichtig ist die Erkenntnis, dass die in den Ländern erfolgte, zeitlich befristete Nichtbeanstandung kein Selbstläufer ist, sondern die Unternehmen mit der Beauftragung der tSE-Nachrüstung aktiv werden und dies auch dokumentieren müssen. Unternehmen sollten jetzt die genauen Voraussetzungen ihres Bundeslandes für eine Verlängerung der Nichtbeanstandung bei am 30.9.2020 fehlender tSE-Aufrüstung prüfen. Was im Einzelnen gilt, ergibt sich aus der nachfolgenden Erlassübersicht der Länder (s.u.). In Bremen müssen Unternehmen weiterhin ausführlich begründete Anträge gem. § 148 AO beim Betriebsstättenfinanzamt stellen. Weitergehende Informationen sind bei der Handelskammer Bremen erhältlich.
Weitere Informationen – Erlassregelungen Nichtbeanstandung der Länder:
Baden-Württemberg
Bayern
Hamburg
Hessen
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thüringen
Berlin
Brandenburg