Betriebsprüfungen in den sog. Bargeldbranchen führen in der Regel zur Prüfung der Kasse. Betroffen sind insbesondere die Gastronomie, der Einzelhandel und z.B. Friseurbetriebe. Viele Betriebsprüfer haben in diesem Bereich mittlerweile Erfahrung gesammelt, so dass sie zielgerichtet die typischen Schwachstellen in den Blick nehmen können. Nicht selten kommt es dann zur Verwerfung der Kassenführung. Eine steuerliche Hinzuschätzung steht dann schnell im Raum.
In diesem Zusammenhang sollte gesehen werden, dass die Aufzeichnungspflicht gem. § 146 Abs. 1 AO geändert wurde (generelle Einzelaufzeichnungspflicht). Diese Regelung lautet seit 29.12.2016 wie folgt:
„Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind täglich festzuhalten. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung nach Satz 1 besteht aus Zumutbarkeitsgründen bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung nicht. Das gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige ein elektronisches Aufzeichnungssystem im Sinne des § 146a verwendet.“
Der Gesetzgeber hat bei dieser Neuregelung versucht, die bisherige BFH-Rechtsprechung zur Zumutbarkeit der Einzelaufzeichnung aufzunehmen. Daher wurde einerseits die Vereinfachungsregelung (keine Einzelaufzeichnungspflicht nach Satz 1 bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von Personen) aufgenommen. Gleichzeitig wurde aber auch der letzte Satz neu eingefügt, nach welchem die Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht dann nicht besteht (Rückausnahme), wenn der Steuerpflichtige ein elektronisches Aufzeichnungssystem benutzt (z.B. statt einer altmodischen offenen Ladenkasse). Denn dann ist die Einzelaufzeichnung technisch möglich und damit zumutbar.
Vorsicht ist bei dem genauen Wortlaut geboten. Denn dieser spricht davon, dass die Vereinfachungsregelung (Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht) nur bei „Verkäufen“ gelten soll. Was gilt jedoch bei Dienstleistungen gegenüber einer Vielzahl von Personen? Der Wortlaut umfasst diese Fälle der Dienstleistungen nicht ausdrücklich. Es könnte aber eine zweckorientierte Gesetzesauslegung dazu führen, dass auch Dienstleistungen gegenüber einer Vielzahl von Personen umfasst werden sollen.
Hierfür könnte sprechen, dass der Gesetzgeber den Wortlaut möglicherweise versehentlich zu eng gefasst hat und der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) eine Gleichbehandlung gebietet. Ob die Rechtsprechung dies auch so sieht, ist zurzeit jedoch unklar. Mandanten sollten daher auf diese Rechtsunsicherheit hingewiesen werden. Die sichere Lösung für Dienstleister ist daher im Moment nur die Einzelaufzeichnung. Im Rahmen einer späteren Betriebsprüfung, welche ggf. erst Jahre nach dem Verzicht auf eine Einzelaufzeichnung erfolgt, könnte sonst das „böse Erwachen“ kommen. Es ist zudem zu beachten, dass eine Ausnahme von der Einzelaufzeichnung zudem dann nicht besteht, wenn ein elektronisches Aufzeichnungssystem verwandt wird (letzter Satz der Neuregelung).