Kampf dem Umsatzsteuerbetrug im Online-Handel – Aber bitte mit Augenmaß!

Die Digitalisierung verändert nahezu alle Lebensbereiche. Das gilt namentlich für den Handel, der immer stärker über digitale Plattformen abgewickelt wird. Aufgabe der Politik ist es deshalb, auch bei veränderten Bedingungen und neuen technischen Möglichkeiten im Kampf gegen  Steuerbetrug im Online-Handel steuerehrliche Unternehmen zu schützen und für fairen Wettbewerb zwischen Verkäufern aus dem In- und Ausland zu sorgen. Jetzt hat das Bundeskabinett  am 01.08.2018 den vom BMF vorgelegten Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs beim Handel mit Waren im Internet beschlossen. Die Regelung ist Kern des ursprünglichen „Jahressteuergesetzes 2018“. Dies ist ein erster, wichtiger Schritt im Kampf gegen den Umsatzsteuerbetrug im Online-Handel, der aber (noch?) das erforderliche Augenmaß vermissen lässt.

Worum geht es?
Vor allem in Drittländern ansässige Unternehmen, die in Deutschland steuerlich nicht registriert sind, verletzen auf elektronischen Marktplätzen häufig ihre hier bestehenden steuerlichen Pflichten. Insbesondere führen sie für ihre Umsätze, die sie in Deutschland aus den Verkäufen erzielen, keine Umsatzsteuer ab.

Dadurch gehen Deutschland wichtige Steuereinnahmen verloren. Da die Bundesländer für die Kontrolle und Erhebung der Umsatzsteuer zuständig sind, ist eine enge Zusammenarbeit von zentraler Bedeutung. Deshalb haben Bund und Länder in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe auf Basis des EU-Rechts jetzt eine nationale Regelung erarbeitet. Ab Januar 2019 sollen Betreiber elektronischer Marktplätze bestimmte Daten ihrer Händler erfassen. Außerdem besteht für die Betreiber ein Haftungsrisiko für nicht entrichtete Umsatzsteuer aus dem Handel über ihre Plattform.

Welche Kernelemente umfasst der Gesetzentwurf?
Zur Verhinderung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren auf elektronischen Marktplätzen im Internet soll das Umsatzsteuerrecht geändert werden (§§ 22f und 25e UStG-neu).

Alle Betreiber elektronischer Marktplätze sollen ab Januar 2019 dazu verpflichtet werden, bestimmte Daten von Verkäufern zu erfassen, u.a. Name, vollständige Anschrift, Steuernummer, Versand- und Lieferadresse, Zeitpunkt und Höhe des Umsatzes (§ 22f UStG-E). Dies soll insbesondere durch eine von der Finanzverwaltung ausgestellte Bescheinigung über die ordnungsgemäße steuerliche Registrierung des online-Händlers erfolgen, die dem Betreiber des elektronischen Marktplatzes übermittelt wird. Ein „elektronischer Marktplatz“ im Sinne dieser Vorschrift ist eine Website oder jedes andere Instrument, mit dessen Hilfe Informationen über das Internet zur Verfügung gestellt werden, die es einem Dritten, der nicht Betreiber des Marktplatzes ist, ermöglicht, Umsätze auszuführen.

Künftig sollen die Betreiber  für nicht entrichtete Steuern aus Lieferungen haften, die beim Online-Handel über den eigenen elektronischen Marktplatz rechtlich begründet wurden (§ 25e UStG-E). „Betreiber“ ist, wer einen elektronischen Marktplatz unterhält und es Dritten ermöglicht, auf diesem Marktplatz Umsätze auszuführen Hiervon kann er sich befreien, wenn er Aufzeichnungspflichten erfüllt oder steuerunehrliche Händler von ihrem Marktplatz ausschließt.

Wie ist der Gesetzentwurf zu bewerten?
Nicht schon wieder – wie bei die Umsetzung der DSGVO – mit Kanonen auf Spatzen schießen! Die Zielrichtung des Gesetzes, die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs im Online-Handel, stimmt zwar. Allerdings sollte der Gesetzentwurf dringend nachgebessert werden, da wiederum überflüssige Bürokratie für Händler und Betreiber von Plattformen droht. Allein die unternehmensbezogenen Aufwendungen für die neuen Bescheinigungsaufwendungen betragen nach dem Gesetzentwurf 1,15 Mio. €, die Kosten für Aufzeichnungs- und Übermittlungspflichten weitere 1,38 Mio. €. Deutsche Steuerbehörden haben zwar in der Regel keinen Zugriff auf etwa in Fernost ansässige Händler, hier setzt das Gesetz also an der richtigen Stelle an. Anders als Marktplatzhändlern aus Drittstaaten ist aber eine Plattformhaftung für Marktplatzhändler aus Deutschland oder der EU schwer zu rechtfertigen, da hier der Zugriff der nationalen Steuerbehörden einfacher sein dürfte. Auch die Aufzeichnungs- und Übermittlungspflichten scheinen zu kompliziert und dürften viel kleine und mittlere Unternehmen überfordern.

Wie geht es weiter?
Das Gesetzgebungsverfahren soll bis Ende des Jahres abgeschlossen sein, die neuen Regelungen sollen am 01.01.2019 in Kraft treten, noch bevor voraussichtlich im Jahr 2021 parallel erarbeitete europäische Maßnahmen wirksam werden können.

Alle Jahre wieder: Auch im laufenden Gesetzgebungsverfahren bleibt die Hoffnung, dass der Entwurf im Interesse der Wirtschaft nachgebessert und kein neues Bürokratiemonster aufgebaut wird.

 

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