Bereits kurze Zeit nach der Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes (wir berichteten) kursiert der inoffizielle Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2024. Mit einem Umfang von 240 Seiten umfasst diese verschiedensten Maßnahmen, die teils technischen Charakter aufweisen, teils aber auch deutliche Inhaltsänderungen bringen. Vor allem im Umsatzsteuerrecht möchte der Gesetzgeber aufräumen.
Neufassung von § 4 Nr. 21 UStG
Mit einem neuen § 4 Nr. 21 UStG-E wagt sich der Gesetzgeber an die komplexe Materie der Bildungsleistungen heran und passt diese den unionsrechtlichen Vorgaben entsprechend an. Der neue § 4 Nr. 21 UStG-E soll zukünftig noch aus zwei Buchstaben bestehen, ihr Inhalt wird eng mit Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL verwebt.
§ 4 Nr. 21 Satz 1 Buchst. a UStG-E soll in Zukunft den Schul- und Hochschulunterricht, die Aus- und Fortbildung sowie die berufliche Umschulung und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen erbracht werden, von der Umsatzsteuer befreien. Gleichzeitig soll die Steuerbefreiung für Leistungen der Fortbildung, die durch nicht-öffentliche allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen erbracht werden, nur gelten, wenn diese Einrichtungen keine systematische Gewinnerzielung anstreben. Die zweite Option, also § 4 Nr. 21 Satz 1 Buch b UStG-E soll Schul- und Hochschulunterricht befreien, der von Privatlehrern erteilt wird.
„Einrichtung“ i.S.d. § 4 Nr. 21 a UStG-E
Von besonderer Bedeutung dürfte weiterhin der Begriff der „Einrichtung“ sein. Unter derartige (öffentliche) Einrichtungen werden weiterhin insbesondere die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft betriebenen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen und staatliche Hochschulen fallen. Nicht-öffentliche Einrichtungen mit vergleichbarer Zielsetzung und staatlicher Anerkennung – hier seien Ersatz- und Ergänzungsschulen erwähnt – sind ihnen gleichgestellt.
Begünstigt sind ferner privatrechtliche Bildungsanbieter. Ebenso ist an die selbständigen Lehrer zu denken, die als freie Mitarbeiter Unterrichtsleistungen an Schulen, Hochschulen oder anderen Bildungseinrichtungen erbringen. Sie sind als andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen anzusehen.
§ 4 Nr. 21 Buchst. b UStG-E hingegen umfasst diejenigen natürlichen Personen, die für eigene Rechnung und in ihrer eigenen Verantwortung Leistungen erbringen.
Bescheinigungswesen fällt weg
Von großer Bedeutung dürfte das Auslöschen des Bescheinigungswesens durch die Landesbehörden sein. Bisher ist dies an vielen Stellen erforderlich, um tatsächlich in den Genuss einer Befreiung zu kommen. Insbesondere aufgrund eines eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens durch die Europäische Kommission muss der deutsche Gesetzgeber hier Änderungen vornehmen und tendiert dazu, dieses Bürokratieungeheuer komplett abzuschaffen.
Neustrukturierung notwendig
Eine Überarbeitung sämtlicher Steuerbefreiungen für Bildungsleistungen des UStG ist nicht nur zu begrüßen. Vielmehr ist sie ist dringend notwendig, soweit man die europarechtlichen Vorgaben umsetzen möchte. Der Gesetzgeber wählt an dieser Stelle eine Verschlankung der Vorschrift und sondert das Bescheinigungsverfahren aus. Zwar führt dies an vielen Stellen zu Vereinfachungen.
Beachtet werden muss aber, dass damit der Auslegung der Gesetzesvorschrift mit hoher Wahrscheinlichkeit eine höhere Bedeutung zukommen könnte. Es empfiehlt sich, die Absichten des Gesetzgebers an dieser Stelle weiter zu verfolgen und die Angebote von Bildungsleistungen unter Zuhilfenahme des wohl in einigen Wochen vorliegenden Gesetzentwurfs genau zu prüfen.