Ist ein Privatnutzungsverbot für den Dienstwagen des Gesellschafter-Geschäftsführers wertlos?

Früher hat man sich mit den Finanzämtern oft darüber gestritten, ob ein Privatnutzungsverbot die Versteuerung eines – vermeintlichen – Privatanteils bei der Überlassung von Dienstwagen verhindert. Zwar haben die Finanzämter anerkannt, dass ein solches Privatnutzungsverbot arbeits- oder dienstvertraglich vereinbart bzw. ausgesprochen werden kann, dann aber zusätzlich verlangt, dass die Durchführung des Verbots überwacht wird. Und die Anforderungen an diese „Überwachung“ wurden dann so hoch gesetzt, dass sie kaum erfüllbar waren.

Irgendwann hat der BFH dem Spuk ein Ende bereitet und auch das BMF verfügt heute, dass ein wirksam vereinbartes Privatnutzungsverbot grundsätzlich anzuerkennen ist (vgl. BMF-Schreiben vom 4.4.2018, BStBl 2018 I S. 592). Es blieb aber die Frage, ob dies auch für den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH gilt. Und da wird es kompliziert, ja geradezu widersprüchlich.

Der VI. Senat des BFH, also der Lohnsteuersenat, will von der Versteuerung eines Privatanteils absehen, wenn ein arbeitsvertragliches Privatnutzungsverbot besteht. Selbst wenn dieses nicht überwacht wird, sei es nicht in Frage zu stellen (BFH-Urteil vom 8.8.2013, VI R 71/12).

Der I. Senat des BFH hingegen will sich dem – für die Beurteilung einer verdeckten Gewinnausschüttung – nicht anschließen: Überlässt eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer ein betriebliches Fahrzeug zur Nutzung, so spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Fahrzeug von dem Gesellschafter-Geschäftsführer tatsächlich auch für private Fahrten genutzt wird. Dies gelte auch bei einem Privatnutzungsverbot – und zwar insbesondere dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer kein Fahrtenbuch führt, keine organisatorischen Maßnahmen getroffen werden, die eine Privatnutzung des Fahrzeugs ausschließen und eine unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers auf den Pkw besteht (BFH-Urteil vom 23.1.2008, I R 8/06, BFH-Urteil vom 17.7.2008, I R 83/07).

Damit haben wir eine recht seltsame Rechtslage und die Zeiten, in denen der Große Senat zusammengekommen ist, um zu solch divergierenden Rechtsauffassungen Stellung zu beziehen, scheinen schon lange vorbei zu sein.

Ende 2022 hat das FG Köln im Sinne des I. Senats des BFH entschieden: Der Beweis der ersten Anscheins spricht auch dann für die Nutzung eines Dienstwagens zu privaten Zwecken des Gesellschafter-Geschäftsführers, wenn ein arbeitsvertragliches Privatnutzungsverbot besteht. Dementsprechend ist eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen (FG Köln, Urteil vom 8.12.2022, 13 K 1001/19).

Die Fachwelt hatte aufgrund der zugelassenen Revision darauf gehofft, dass der Fall auch vor dem BFH verhandelt wird. Doch offenbar wurde die Revision nicht eingelegt.

Denkanstoß:

Gesellschafter-Geschäftsführer müssen sich wohl oder übel darauf einstellen, dass die Finanzämter die Rechtsprechung des FG Köln bzw. des I. BFH-Senats anwenden werden. Um überhaupt eine – geringe – Chance auf Anerkennung des Privatnutzungsverbots zu haben, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Dem Geschäftsführer muss mindestens ein weiteres, gleichwertiges Fahrzeug gehören. Im Urteilsfall des FG Köln nutzte der Geschäftsführer dienstlich einen neuen Porsche Cayenne, während sich in seinem Privatvermögen nur ein älterer Porsche Boxster und ein Opel Agila befanden. Die Fahrzeuge im Privatvermögen waren nach Ansicht der Richter nicht gleichwertig zum Dienstwagen.
  2. Der Firmenwagen muss nachts, am Wochenende und in Urlaubszeiten auf dem Firmengelände geparkt werden. Und das ist nachzuweisen!
  3. Der Autoschlüssel ist abends abzugeben und zum Beispiel in einem verschlossenen Schlüsselkasten aufzubewahren – und zwar ebenfalls nachweislich.
  4. Es wird nach Möglichkeit ein Fahrtenbuch geführt.

In der Praxis sind diese Anforderungen zugegebenermaßen nur selten zu erfüllen. Spätestens wenn das Wort „Fahrtenbuchführung“ kommt, dürfte viele Dienstwagennutzer wohl lieber die Versteuerung der vermeintlichen Privatnutzung in Kauf nehmen. Es bleibt zu hoffen, dass sich der I. und der VI. Senat irgendwann doch einmal „einigen“ werden.

Derzeit wird die widersprüchliche Rechtsprechung mit dem lapidaren Hinweis hingenommen, dass für die Lohnsteuer und die Körperschaftsteuer andere Grundsätze gelten würden. Das leuchtet mir ehrlich gesagt in der streitigen Frage der Anerkennung eines Privatnutzungsverbots nicht ein.


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